Fotografie: Ein echter Moment im gestellten Spiel

Thomas Stelzmann hat Düsseldorfer Autoren wie in ihren Geschichten inszeniert und fotografiert.

Düsseldorf. Die Handschellen klicken, der Arm ist auf den Rücken gedreht und das harte Straßenpflaster presst gegen das Gesicht. Thomas Stelzmann drückt ab. Wieder und wieder. Erst später wird der Düsseldorfer Fotograf erkennen, ob er damit den einen echten Moment im gestellten Spiel erwischt hat, auf den es ihm in seinen Bildern ankommt.

Der Moment, in dem Martin Conrath seine Rolle vergisst. Der Düsseldorfer Autor ist in Stelzmanns Inszenierung auf dem Burgplatz Teil der eigenen Kriminalgeschichte geworden. Das Ergebnis: ein ungewöhnliches Schriftsteller-Porträt. Mit einer Geschichte erzählt die Schwarz-Weiß-Fotografie von dem Menschen, den sie zeigt. Als Untertitel trägt sie die Zeile „Du hast mich ans Messer geliefert“.

32 Düsseldorfer Autoren hat der 36-jährige Stelzmann in den vergangenen zwei Jahren auf diese Weise fotografiert. Unter dem Titel „Rollenspiele“ stellt er sie ab morgen in einer Ausstellung im Heine-Institut aus.

Die handelsüblichen Bilder der Literaten vor Bücherwänden oder mit nachdenklicher Geste und Blick in die Kamera fand der Autodidakt immer viel zu langweilig. Seit der achten Klasse beschäftigt sich Stelzmann mit Fotografie.

Heute arbeitet er in einem knapp 1000 Quadratmeter großen Studio in Wuppertal und verdient mit kommerziellen Aufträgen sein Geld. Als er seine „Rollenspiele“ dem Literaturbüro NRW angeboten hat, war ihm klar, dass sich das finanziell nicht lohnen würde. Aber Stelzmann geht es um die Sache. Auf der Internetseite literaturstadtduesseldorf.de werden die Porträts nach Ende der Ausstellung weiter zu sehen sein.

Und noch ist das Projekt nicht abgeschlossen. Die Bereitschaft, bei seinem Vorhaben mitzumachen, ist groß bei den Düsseldorfer Schriftstellern. Sie haben Stelzmann Szenen aus ihren Geschichten vorgeschlagen oder Gedichte gegeben, zu denen sich der Fotograf eine Situation für das jeweilige Shooting überlegt hat. Am Rhein, im Studio oder eben mitten auf der Straße.

„Der Autor erzählt mit der ausgewählten Szene über sich und ich erzähle mit dem Bild über den Autor“, erklärt Stelzmann diese künstlerische Begegnung. Wichtig sei ihm dabei, dass sie den „Sicherheitsabstand zwischen Person und Szene überwinden“. Das ist der Moment, den Stelzmann haben will. Bei den Kriminalgeschichten musste der Fotograf nicht lange überlegen, wie die Einstellung aussehen soll. „Die Bücher sind ja häufig schon filmisch geschrieben.“

Schwieriger war das bei Lyrikern. Bei Pamela Granderath etwa hat Stelzmann einen Bleistiftstummel zwischen Holzdielen fotografiert und das Bild später auf eine Wand projiziert. Davor steht die Autorin mit geschlossenen Augen, darunter die Gedichtzeilen — ein starkes Zusammenspiel.