Glücklich im „Provinznest“

Joseph A. Kruse, Leiter des Heine-Instituts, über Felix Mendelssohn Bartholdy, der am Dienstag 200 geworden wäre.

Düsseldorf. Im Oktober 1833 wurde der 24-jährige Felix Mendelssohn Bartholdy Städtischer Musikdirektor in Düsseldorf, wenn auch nur für kurze Zeit. Bei zwei Musikfesten gastierte er in der Stadt, 1936 dirigierte er hier die Uraufführung seines Oratoriums "Paulus". Im WZ-Interview spricht Joseph A. Kruse, Leiter des Heinrich-Heine-Instituts, über Mendelssohn in Düsseldorf und seine Verfemung im Dritten Reich.

Kruse: Ich bin besonders ein Anhänger der Heine-Vertonung "Leise zieht durch mein Gemüt" und höre Mendelssohn überhaupt sehr gern, etwa Werke mit Reiseeindrücken. Dazu gehört die Schottische Symphonie oder die Hebriden-Ouvertüre.

Kruse: In der damaligen Kunstrezeption wurde Düsseldorf nicht als unbedeutender Ort wahrgenommen. Allerdings muss man auch sehen, dass Mendelssohn eigentlich die Zelter-Nachfolge an der Berliner Singakademie übernehmen wollte und wegen seines geringen Alters, möglicherweise auch aufgrund seiner jüdischen Herkunft, nicht genommen wurde. Im Vergleich zu Berlin war Düsseldorf natürlich denn doch eher ein Provinznest.

Kruse: Mendelssohn scheint mit Düsseldorf auf gutem Fuß gewesen zu sein. Er war sehr höflich, sehr gebildet und sehr charmant und brachte neue Ideen mit. Übrigens hat er sich beispielsweise mit dem Schriftsteller und Leiter des Düsseldorfer Stadttheaters, Carl Leberecht Immermann, sehr gut verstanden.

Kruse: Ja, und zwar weil er fand, dass die Familiengeschichte mit Moses Mendelssohn als Vorfahren eine feste Verwurzelung im Judentum zufolge hatte und davon überzeugt war, dass es ein Großbürger wie Mendelssohn gar nicht nötig gehabt hätte, zum Christentum überzutreten.

Kruse: Heine wollte ein romantischer Dichter werden und glaubte, dass er deswegen übertreten musste. Außerdem verstand er sich als Protestant.

Kruse: Unbedingt. Nur mit dem Unterschied, dass Mendelssohn das Christentum vor allem durch Johann Sebastian Bach repräsentiert sah. Andererseits behielt Mendelssohn großen Respekt gegenüber der jüdischen Religion, was man an seinem Oratorium "Elias" erkennen kann.

Kruse: Naja, es könnte mehr getan werden. Ganz früher befand sich an der Fassade des Opernhauses ein Mendelssohn-Denkmal, das von den Nazis entfernt wurde. Nun gibt es im Foyer an unprominenter Stelle diesen Kopf. Solche Halbherzigkeiten wären im Falle Goethe oder Beethoven wohl nicht durchgegangen.