Interview: „Chefarzt Dr. Heilmann“ rockt Neil Young
Thomas Rühmann spielt seit mehr als 15 Jahren den Chefarzt in der ARD-Serie „In aller Freundschaft“. Doch er kann auch rocken.
Düsseldorf. Sein halbes Leben hat er Kostüme an- und ausgezogen, nein, mit Karneval muss man Thomas Rühmann nicht kommen. Dabei trägt der 58-Jährige nun schon seit mehr als 15 Jahren vor allem ein Outfit: Den Arztkittel von Doktor Roland Heilmann in der ARD-Serie „In aller Freundschaft“. In einer ganz anderen Rolle tritt er am Freitag, 7. März, im Savoy Theater auf. Songs von Neil Young präsentiert er rockig und poetisch, verbindet sie mit Texten und schafft so einen Abend, den er „Jung und Young“ nennt.
Herr Rühmann, die meisten kennen Sie als Dr. Heilmann. Wie viel Zeit nimmt ihr Musikerleben inzwischen ein?
Rühmann: Ich handhabe das praktisch, im Januar und im März gehe ich mit meinen beiden Musikprogrammen auf Tournee. Sonst drehe ich das Jahr über in Leipzig. Ich habe verschiedene Bausteine, verzettele mich aber nicht.
Sie als Rockmusiker auf der Bühne, der Neil Young interpretiert: Sind die Zuschauer nicht überrascht?
Rühmann: Sie brauchen ein paar Minuten, um zu realisieren, dass etwas völlig anderes stattfindet. Aber die Bühne ist allein durch die Präsenz schon so verschieden zur Glotze. Da geht nur selten jemand raus (lacht).
Und wer kommt?
Rühmann: Das ist eine interessante Mischung, vom Neil-Young-Barden bis zum Nichtkenner.
Es gibt Musik und Text.
Rühmann: Die literarische Ebene bildet einen roten Faden. Es gibt diesen wunderbaren Text von Navid Kermani, darin beschreibt er, wie sich sein Baby die Seele aus dem Leib schreit. Er legte in seiner Not Neil Youngs „The Last Trip To Tulsa“ auf, und das Kind wird ruhig.
Haben Sie das selbst auch mal probiert?
Rühmann: Ja, und es klappt. Ich hatte selbst ein Neugeborenes, als ich den Text las. Das sind die hohen Frequenzen, in denen Neil Young singt, die beruhigen. Aber ich bin auf der Bühne keine Kopie, ich singe nicht so hoch und spiele keine Cover. Das ist kraftvoll, poetisch und heiter. Der Abend rockt.
Seit wann ist Neil Young für Sie ein wichtiger Begleiter?
Rühmann: Seit der Pubertät, seit der großen Einsamkeit eines Jungen.
Der Abend ist nicht nur auf Englisch.
Rühmann: Nein, ich versehe die Musik mit deutschen Texten. „Heart of Gold“ wird zu „Kopf aus Holz“ zum Beispiel. Die Texte stammen von Gerhard Gundermann, der hat wunderbare Lieder geschrieben. Tagsüber hat er als Baggerfahrer geschuftet und nachts gespielt. Leider ist er schon verstorben.
Gespielt und gesungen haben Sie schon immer?
Rühmann: Schon in meinem Jungenzimmer und später in vielen Theaterproduktionen. Seit drei Jahren mache ich das intensiv, wohl, weil ich so viel mit Wörtern zu tun gehabt habe. Das ist ein kraftvolles Gegenprogramm.
Wie ist ihr Bild von Neil Young heute?
Rühmann: Ich finde ihn total beeindruckend. Der hat so viel Energie, dass er gar nicht dazu kommt, alt zu werden.
Sie betreiben im Oderbruch an der polnischen Grenze das Theater am Rand. Was spielen Sie dort?
Rühmann: Ich bringe Belletristik, die mir unter die Haut geht, in eine Bühnenfassung. Sten Nadolnys „Entdeckung der Langsamkeit“ oder Hermann Hesses „Siddhartha“. Bei uns ist es ländlicher als das Land und diese besondere Landschaft spielt eine große Rolle. Im Sommer können wir unser Theater zu drei Seiten öffnen, da spüren Sie den Fluss im Hintergrund.