Jenseits der Lindenstraße: Joris Gratwohl spielt Theater
Der 37-Jährige erzählt von seiner Arbeit in Düsseldorf, von seiner Karriere als Musiker und dass Schweizer manchmal etwas länger brauchen.
Düsseldorf. Herr Gratwohl, Sie sind bekannt geworden durch die Rolle des Alexander Behrend in der TV-Serie Lindenstraße. Werden Sie auf der Straße erkannt?
Joris Gratwohl: Ja, das passiert immer wieder. Bei mir ist es ganz gut, dass ich mal lange auf Sendung bin und dann wieder nicht. Dann merke ich immer, wenn ich im Fernsehen bin. Es ist teilweise nett, aber auch komisch und skurril. Manche sagen dann: Ey Alex, was haste denn da wieder gemacht? Warum biste denn der Bösewicht und warum mit so einer jungen Frau zusammen?
Sie stehen ja hauptsächlich vor der Kamera. Wie sieht es mit Theatererfahrung aus?
Gratwohl: Ich war auf Theatertournee mit dem Stück „Frühlingserwachen“ unter der Regie von Helmuth Fuschl und habe letztes Jahr mit einem Schauspielerkollegen ein Zwei-Mann-Stück geschrieben und aufgeführt. Das war für mich ein sehr gutes Training für die Bühne.
Was für eine Rolle spielen Sie in dem Stück „Suche impotenten Mann fürs Leben“?
Gratwohl: Ich spiele den David. Er verliebt sich in Carmen, von der er mitbekommt, dass sie per Anzeige einen impotenten Mann sucht, da sie genug von Männern hat, die immer nur das eine wollen. David schreibt ihr als vermeintlich impotenter Mann und hat bald ein Date.
Ihre Partnerin Carmen wird von Judith Richter, der Tochter von Beatrice Richter, gespielt. Haben Sie sich schon vorher gekannt?
Gratwohl: Das Schöne an dieser Schauspieler-Runde ist, dass keiner den anderen vorher kannte. Wir sind mehr oder weniger alle in einem Alter, das heißt, wir sind ein sehr junges Ensemble. Das ist sehr schön, da es noch nicht so eingefahren ist.
Wenn Sie Texte lernen, gibt es für Sie einen Unterschied zwischen Fernsehen und Theater?
Gratwohl: Man muss sich im Theater bewusst machen, dass man die Leute auch in der hintersten Reihe erreicht. Beim Film hast du die Möglichkeit des Wiederholens, aber dafür dann kein direktes Feedback wie beim Theater. Es ist so wie beim Fußball, da ist das Publikum der zwölfte Mann. Zum Lernen ziehe ich mich zurück, ich bin nicht so der schnelle Textlerner. Ich bin halt Schweizer, und beim Schweizer an sich dauert alles ja ein bisschen länger.
Können Sie in Ihrer Rolle auch etwas verändern oder geht es immer strikt nach Textbuch?
Gratwohl: Wir haben mit Sahar Amini eine sehr junge Regisseurin, die sehr offen ist für Vorschläge, die aber auch weiß, was sie will. Das Schöne am Proben im Theater ist ja auch, dass man die Zeit hat, Sachen einfach auszuprobieren.
Sie haben ja auch eine Zeit lang gesungen, Musik gemacht und Konzerte gegeben. Ist da in nächster Zeit wieder etwas geplant?
Gratwohl: Es ist geplant, dass ich in der Schweiz wahrscheinlich wieder etwas drehe, wir unser eigenes Stück wieder aufnehmen, und dann werde ich mein Ziel weiterverfolgen, Musik zu machen. Das Schöne an dem jetzigen Stück ist ja auch, dass ich als David singen werde.
Das gibt es ja nicht so häufig, dass in der Komödie gesungen wird.
Gratwohl: Das stimmt, ich habe hier schon einige Stücke gesehen. Es macht für die Rolle des Davids aber auch Sinn, dass man noch besser versteht, was er für diese Frau empfindet. Da kann man gerade mit der Musik vieles klar und deutlich machen.
Sie spielen das Stück bis zum 13. Mai, am 14. Mai findet in Düsseldorf der Eurovision Song Contest statt. Schauen Sie sich den an?
Gratwohl: Ja, ich finde das immer ganz witzig und skurril. Das sind ja über drei Stunden Unterhaltung von Kitsch über Karneval bis hin zur Drag Queen.
Sie proben ja schon seit Anfang März in Düsseldorf, haben Sie die Stadt schon erkundet?
Gratwohl: Nicht wirklich. Ich fahre immer nur vom Bahnhof zur Probebühne und von der Probebühne zum Bahnhof. Aber diesen Weg, diese 200 Meter, kann ich mittlerweile auswendig.
Und was möchten Sie sich hier noch anschauen?
Gratwohl: In der Altstadt und dem Medienhafen würde ich gerne ein paar Kneipen besuchen. Übrigens schmeckt mir als Kölner sogar Altbier.