Für diejenigen, die das Jugendsinfonieorchester (JSO) der Tonhalle noch nicht kennen: Lassen Sie uns kurz die Geschichte des Orchesters resümieren.
Tonhalle Jugendsinfonieorchester spielt Neujahrskonzert in der Tonhalle
Düsseldorf · Interview Da die Düsseldorfer Symphoniker über Neujahr in Ungarn gastieren, übernimmt das JSO das Konzert am 1. Januar. Wir sprachen mit Intendant Michael Becker und dem Dirigenten des JSO, Ernst von Marschall, über das junge Orchester und diese besondere Premiere.
Michael Becker: Als ich vor elf Jahren Intendant der Tonhalle wurde, fragte mich Kulturdezernent Hans-Georg Lohe, ob ich „eventuell“ Interesse hätte, das Jugendsinfonieorchester, was damals an der Musikschule etabliert war, in die Tonhalle zu übernehmen. Es gab wohl einige Verwerfungen zwischen dem Orchester und der Schule. Zu genau diesem Zeitpunkt rannte Herr Lohe bei mir offene Türen ein, denn ein Jugendorchester war genau das, was uns an der Tonhalle noch fehlte. Kindern und Jugendlichen Musik näherzubringen, ist eine wesentliche Säule unserer Arbeit – wir machen rund hundert zusätzliche Konzerte oder Veranstaltungen für diese Altersgruppe –, doch wenn man das glaubhaft machen möchte, bedarf es auch Kinder und Jugendliche auf der Bühne. Ich glaube, die Entscheidung war eine gute. Wir sind das einzige Konzerthaus in Europa, das es so macht:
Eine intensive und auch musikprogrammatisch eigenständige Einbindung eines Jugendsinfonieorchesters.
Ernst von Marschall: Wir kamen im Herbst 2007 mit etwa 60 Musikern bei der Tonhalle an. Inzwischen haben wir ein Orchestersystem mit drei pädagogisch aufeinander abgestimmten Orchestern. Momentan sind wir 250 junge Musiker: Die Basis ist das Kinderorchester, das Mitte Dezember im ausverkauften Seidenweberhaus in Krefeld zwei Sätze aus Beethovens Eroica gespielt hat, natürlich in einer Bearbeitung. Dann haben wir das U-16-Orchester, das sind achtzig Jugendliche. Die haben jetzt ihre erste Auslandsreise hinter sich – sie waren 14 Tage in Frankreich. Und schließlich das JSO, das sind knapp hundert – wir sind jetzt genau 96 Mitglieder – zwischen 15 und 25. Sie haben am 7. Oktober eine recht beachtete Erste Mahler hier auf die Bühne gebracht.
Und nun dürfen das JSO sogar das Neujahrskonzert spielen.
Von Marschall: Ja, wir haben diese ehrenvolle Anfrage von Michael Becker erhalten, ob wir, wenn die Düsseldorfer Symphoniker in Ungarn sind, nicht selbst das Neujahrskonzert spielen könnten. Das ist für uns ein ganz enormer Schritt. Weil wir das erste Mal nicht in der Reihe Big Bang auftreten werden, sondern ein Format spielen, was normalerweise von professionellen Orchestern besetzt ist. Ich muss ehrlich sagen, wir haben sehr großen Respekt vor dieser Aufgabe. Es hat für uns eine neue Qualität.
Diese Idee, es so zu machen, war das relativ spontan oder steckt dahinter ein neues Konzept?
Becker: Als wir diese ehrenvolle Anfrage aus Budapest hatten, haben wir erwogen, wie wir mit dieser Situation umgehen möchten. Man hätte das Neujahrskonzert in der Tonhalle verschieben oder ein anderes Orchester einladen können, aber dann ist ein bisschen aus der Not eine Tugend geworden. Für unser Publikum ist die Identifikation mit den Musikern aus der eigenen Stadt ein wichtiger Faktor. Nachdem ich das JSO mit Tschaikowskys 4. Sinfonie und dem Oboenkonzert des 1989 geborenen Benjamin Attahir gehört hatte, war für mich klar, dass das Orchester auf einem sehr hohen – nennen wir es professionellen – Niveau spielt, und dazu kommt natürlich auch noch der „Jugendbonus“. Ich kenne das auch von früher aus meiner eigenen Zeit in Jugendorchestern. Wir haben oft die besseren Konzerte gespielt als die Erwachsenen, weil diese Unbedingtheit da war und man sich völlig verausgabt hat.
Sicherlich auch die Bereitschaft zu mehr Proben.
Von Marschall: Genauso ist es.
Ist es ein Testballon?
Becker: Das hieße, dass man die Besucher zu Versuchskaninchen macht. Das ist nicht so. Ich weiß, dass sie wunderbar spielen können, und da ist dann eher die Frage, was wir noch zusätzlich machen, wenn das JSO noch tatsächlich Zeit hat. Ich würde die Düsseldorfer Symphoniker ungern aus diesem Neujahrskonzert herauslassen, weil es für uns ein schöner gemeinsamer Start in das neue Jahr ist. Es hat etwas Rituelles. Man könnte aber überlegen, ob man das JSO in den ersten Wochen des Jahres noch ein bisschen intensiver beschäftigt.
Von Marschall: Es entsteht für mich gerade eine schöne Vision.
Man darf gespannt sein, was sich daraus entwickelt. Lassen Sie uns ein bisschen über das Programm des Neujahrskonzertes sprechen.
Von Marschall: Es wird ein Wiener Neujahrsprogramm, und wir sind den Wiener Philharmonikern schon relativ nah (lacht), weil wir ohnehin gewöhnt sind, in der Deutschen Aufstellung zu spielen. Und wir variieren das jetzt sogar nochmal und nehmen die Wiener Aufstellung, bei der die Kontrabässe ganz hinten zentral positioniert sind.
Wiener Neujahrsprogramm – da denkt man sogleich an Walzer.
Von Marschall: Wir werden nur einen Walzer spielen, die üblichen Polkas, aber auch Walzeranklänge. Wir haben auch die Ouvertüre zur Fledermaus dabei.
Becker: Es ist wirklich ein relativ klassisches Neujahrskonzert. Bei den Symphonikern ist das Publikum gewohnt, dass sie auch etwas ganz anderes spielen könnten. Aber mit dem JSO in diesem Fall wollten wir keine Experimente machen.
Von Marschall: Ich hatte alle Freiheiten bei der Programmgestaltung. Wir werden auch den Josef Strauss mit dabeihaben – mit „Die kleine Mühle“ –, es ist ja ein Familienunternehmen. Den Eduard Strauss werden wir mit seinem „Perpetuum mobile“ bedenken und natürlich kommt auch der Radetzky-Marsch von Johann Strauss (Vater) vor. So werden die vier großen „Sträuße“ alle einmal erklingen.
Info: Neujahrskonzert mit dem JSO unter der Leitung von Ernst von Marschall, 1. Januar 2019, 11 Uhr, Tonhalle (Ehrenhof).
Karten und weitere Informationen: