Boulevard-Theater Erbschleicherei und Alpenglühen in der Bauernstube
Düsseldorf · Komödie in der Streinstraße: Der Boulevard-Klassiker „Opa wird verkauft“ feierte Premiere.
„Oppa“ hat’s faustdick hinter den Ohren. Und macht seinem Schwiegersohn Hannes das Leben ganz schön schwer. Denn der Bauer hat Geldsorgen, weiß nicht wohin vor lauter Schulden. Und sein Sohn Schorsch will nicht die Tochter des reichen Bauern Schlösser heiraten – was die Rettung für Hannes’ leere Kassen wäre… Doch Oppa geht seiner Umwelt ganz schön auf die Nerven, sorgt aber auch für Abwechslung. In allergrößter Not entschließt Hannes sich: „Opa wird verkauft“ – so der Titel eines Volksstücks, genauer: eines Schwanks aus dem Bauern-Bilderbuch, das jetzt in der Komödie Premiere feierte. Mit Urgesteinen wie Peter Millowitsch als „Oppa“ und Andrea Spatzek als böse Bäuerin Schlösser, die mit ihrem erbschleichenden Mann (Claus Thull-Emden) den Alten einseifen will, um in seinem Testament großzügig beachtet zu werden. Klar, dass sie am Ende die Rechnung ohne das betagte Schlitzohr gemacht haben…
Unverwüstlich scheint die Volkskomödie, die Hans Streicher (alias Anton Hamik) 1941 unter dem Titel „Der verkaufte Opa“ herausgab, und der das Hamburger Ohnsorg-Theater ab 1961 zum Kult-Status verhalf. Was damals in norddeutschem Platt auf der Mattscheibe ein Millionenpublikum begeisterte, hat das Regie-Team in der Komödie in der Steinstraße (Rolf Berg und Christian Diederichs) nun in rheinischen Slang verwandelt. Millowitsch (Opa) und Thull-Emden (Bauer Schlösser) streiten und plappern breit Kölsch, die Magd Katrin (Verena Wüstkamp) macht auf Hessisch, Spatzek indes schnauzt als Großbäuerin mit Dirndl und Blondperücke in alpenländischem Akzent. Heftig deftig hauen alle auf die Pauke, lassen keinen Gag aus, versuchen nicht mit feinem Psychologie-Pinsel zu malen, sondern geben wuchtige, geschnitzte Typen ab. Und entlocken nach zwei Stunden Jubel, Trubel und ausgelassener Heiterkeit den Zuschauern stehende Ovationen.
Schweine quieken, der Hahn kräht, Rinder und Schafe blöken. Es ist wie früher. Da fühlt sich Oppa wie zu Hause und amüsiert sich zwischen Schaukelstuhl und Küchenofen in einer Fachwerk-Bauernstube (Bühne: Adrian Ochse und Thomas Klode). Nicht nur Kulisse und Kostüme setzen auf Nostalgie: Auch Haus-Regisseur Rolf Berg hütet sich davor, die Handlung in unsere Zeit zu verlegen. Die Zeit, in der Bauern Heiratspläne für ihre Kinder über ihre Köpfe hinweg schmiedeten, ist, gottlob, längst passé. In die 1960er Jahre passt dann auch noch die Leichtfertigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der man zwischen Schnapsflasche und Küchentisch das Wort „Zigeuner“ benutzte.
Peter Millowitsch setzt als Oppa weniger auf Lautstärke denn auf zurückhaltend hinterhältigen Witz: Vom Erbschleicher Schlösser und seiner nervensägenden Bäuerin lässt er sich nach Strich und Faden bedienen und verwöhnen, weiß er doch, dass sie es nur auf seinen Immobilienbesitz, seine zwei Häuser, abgesehen haben. Klar, dass er seinem Enkel Schorsch helfen will. Letzterer – fast ideal besetzt mit dem bulligen Tobias Krebs, der den Tollpatsch gibt – schleicht sich als Knecht in die Dienste des Bauern Schlösser und verliebt sich in die Tochter Eva (Anna Röser). Alpenglühen auf den ersten Blick. Oppa spürt das und zieht für Schorsch die Fäden im Hintergrund.
Als Mime überzeugt besonders Claus Thull-Emden als gelackter, reicher Bauer. Zunächst arroganter Schnösel und Großschnauze: Plötzlich verbiegt er sich nach allen Regeln der Kunst, dient sich Oppa an, lässt sich von ihm demütigen – nur um an dessen Besitztümer zu kommen. Andrea Spatzek – zunächst herrische Bäuerin, die ihren Mann verachtet – tutet ins gleiche Horn. Schielt mit geradem Blick auf kommende Reichtümer und backt kleine Brötchen. Ob ihre Rechnung aufgeht? Es wäre nicht dieser Oppa, wenn er nicht im Finale noch Überraschungen parat hätte.
Bis 19. Okt., Tel.: 133 707, 32 51 51. Nächste Premiere: Agatha Christie: Die Mausefalle, 23. Okt. bis 15. Nov. Original „The Mousetrap“ – präsentiert vom English Theatre. Neun Vorstellungen in englischer Sprache: 22. Okt bis 11. Nov.