Konzert: Der Klassik-Beckham mit der Vier-Millionen-Stradivari

Violinen-Popstar David Garrett begeistert in der Philipshalle.

Düsseldorf. Eine so gemischte Zuhörerschaft sieht man selten in der Philipshalle. Von acht bis 80 Jahren, vom schwarzen Leder-Outfit bis zur seidenen Abendrobe - der 27-jährige Geigenvirtuose David Garrett zieht zurzeit das wohl unterschiedlichste Konzertpublikum überhaupt in Deutschlands Veranstaltungshallen.

Garrett bezeichnet sein Programm gerne als Crossover, also einen Kessel Buntes, in dem für jeden etwas dabei ist. In Begleitung exzellenter Musiker an Gitarre (auch elektrisch), Drums und Flügel, geht es los mit Bizets "Carmen" als Eröffnungs-Medley. Es folgt "La Califfa" des Filmkomponisten Ennio Morricone, dann geht der furiose Violinentrip über Puccini hin zu Brahms "Ungarischem Tanz Nr. 5".

David Garrett legt wenig Wert auf Distanz zum Publikum. Er steht lässig in weiten Jeans und Knitterhemd auf der Bühne, in der Hand hält er entspannt seine vier Millionen Euro teure Stradivari, er duzt die Fans: "Macht Euch keine Sorgen, der Abend wird ganz locker".

Diese Coolness ist - neben einer gewissen Ähnlichkeit mit David Beckham - ein Teil des Riesenerfolges, den das ehemalige Wunderkind derzeit verbuchen kann. Der andere Teil ist sein virtuoses Spiel, das ihm schon eine Zusammenarbeit mit Künstlern wie Yehudi Menuhin oder Zubin Mehta in einem Alter ermöglicht hat, in dem andere Jugendliche noch auf Partys Flaschen drehen oder leeren.

Der in Aachen geborene Garrett war mit 19 Jahren schon auf dem Sprung zur Weltkarriere, als er seinem Leben eine entscheidende Wendung gab: Er ging nach New York, fing auf der Julliard School of Music noch einmal als Student an und erlebte dort nach eigenen Angaben ein Gefühl von Freiheit und Unkompliziertheit, was wohl auch seinen Umgang mit Musik nachhaltig beeinflusst hat.

Schrankenlos stellt er eine Komposition von Brahms neben "Music of the night" aus dem Musical "Phantom der Oper" - und spielt dann auf seinem kostbaren Instrument eine waschechte Bluegrass-Fiddle-Nummer, dass die Haare nur so vom Geigenbogen fliegen. Das mag manch einer den Untergang des Abendlandes nennen, die Leute in der Halle reißt es von den Stühlen.

Seine Version der Metallica-Ballade "Nothing else matters" begeistert ebenfalls - obwohl, wie Garrett vermutet, die Älteren das Original wohl nicht kennen. Vielleicht ist das besser so, denn Garretts Geigenklänge haben so gar nichts von der genialen Düsternis der Metal-Band.

Da ist der finnischen Cello-Band Apocalyptica 1996 eine Umsetzung für Streicher wesentlich besser gelungen. Hummelflug und eine Komposition von Sarasate beenden den Abend. Lächelnd nimmt Garrett die Standing Ovations der gesamten Halle entgegen. Ganz locker.