Oper Kult: 50 Jahre Hänsel und Gretel an der Rheinoper
Düsseldorf · Andreas Meyer-Hannos zeitlos schöne Interpretation des Humperdinck-Werks begeistert Generationen. Der Urenkel des Komponisten darf einen Engel spielen.
Wenn Weihnachten näher rückt, gehört für viele ein Besuch von Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ zu einer liebgewonnenen Tradition. Die zeitlos zauberhafte Geschichte, die spätromantische, eingängige Musik mit zahllosen Bezügen zum Volkslied faszinieren nach wie vor ganze Generationen von Menschen, über Altersgrenzen hinweg.
Das „Märchenspiel“ nach dem Grimmschen Märchen auf einen Text von Adelheid Wette mit viel Stimmung in Töne gesetzt von dem 1854 im rheinischen Siegburg geborenen Komponisten gehört auch an der Deutschen Oper am Rhein zu den Evergreens und mit der immer noch Jahr für Jahr zu sehenden Inszenierung verbinden sich viele fast schon märchenhafte Geschichten.
Da wäre einerseits die mit nostalgischem Edelrost überzogene, aber mit der Zeit zuletzt durch Spielleiterin Esther Mertel behutsam entstaubte und immer wieder belebte Inszenierung von Andreas Meyer-Hanno in den märchenhaften Bühnenbildern von Gerda Zientek selbst, die just dieses Jahr 50. Geburtstag feiert – somit die älteste noch laufende Inszenierung an der Rheinoper ist.
Ein Familientreffen der Humperdincks in der Rheinoper
Da wäre aber auch eine persönliche Geschichte, die mit der Familie des Komponisten Humperdinck verknüpft ist. Diese hat sich nämlich zur Tradition gemacht – der Urenkel des Meisters, Holger Witte-Humperdinck, wohnt im Duisburger Süden –. jedes Jahr diese zeitlos schöne Inszenierung von „Hänsel und Gretel“ in Form eines Familientreffens an der Rheinoper zu besuchen. Witte-Humperdinck, eigentlich Bankkaufmann in Rente, setzt sich mit ganzem Herzen für das Erbe seines Urgroßvaters ein, wie er uns im Gespräch verrät. Er hat auch Berührungspunkte zum Theater gehabt, vor allem auch durch seinen Großvater Wolfram Humperdinck, dem Sohn des Komponisten, der Regisseur und Intendant war; „Hänsel und Gretel“ war für den Urenkel immer schon ein großes Thema. Seit vorletztem Jahr arbeitet er Geschichte und Geschichten rund um seinen Urgroßvater auf, ist in Kontakt mit dem Humperdinck-Museum in Siegburg, wo sich Wolfram nach dem Krieg um das Archiv gekümmert hatte. Übrigens: Die Familie hatte sich die Erlaubnis erkämpft, den Beinamen Humperdinck als Zweitnamen zu führen, denn mangels männlichen Nachwuchses wäre sonst wohl der Name verschwunden.
Also es steckt großes Engagement im Herzen von Urenkel und Co. Holger Witte-Humperdinck hatte schon in den 70er Jahren, wie er erzählt, zwischenzeitlich als Statist gearbeitet, lenkte ihn sein Lebensweg dann doch auf die Laufbahn eines Bänkers.
Musikalisch tendiert er selbst eher zum Jazz, wie er gesteht, spürt man in seinen Äußerungen indes immer die Liebe zur Oper seines Urgroßvaters. Hört er die ersten Takte der Musik, berühre ihn das tief; das muss ein besonderes Gefühl sein, wenn man spürt, durch die Musik eine innere Verbindung zu einem Vorfahren spannen zu können.
Schon seinerzeit hätte er sich über alles gewünscht, einmal Statist sein zu dürfen, in seines Urgroßvaters bekanntester Oper. Wissenswert ist allerdings, dass Humperdinck viel mehr komponiert hat als diese Märchenoper, wenngleich er heute lediglich nur noch leider für dieses Werk allein bekannt ist. Aber vielleicht könnte sich das ja ändern. Doch zurück zu dem Wunsch Holger Witte-Humperdincks, einmal Statist in „Hänsel und Gretel“ zu sein. Und dieser wird anlässlich des 50. Jubiläums der Inszenierung an der Deutschen Oper am Rhein wahr.
Witte-Humperdinck darf in dieser Spielzeit einen der Engel verkörpern, die nach dem Abendsegen im zweiten Bild die beiden Kinder im Schlaf beschützen. Die dort gezeigte „Engelstreppe“ hat ihn immer schon berührt und nun darf er selbst einer dieser beflügelten Wesen sein. Übrigens viele der Engel, die heute indes erwachsen sind, waren auch schon bei der Premiere von Meyer-Hannos Inszenierung am 26. Oktober 1969 in Duisburg dabei.
Diese Inszenierung ist inzwischen Kult und aus dem Repertoire der Rheinoper nicht wegzudenken – und sie soll auch weiterhin ein fester Teil der Identität dieses Hauses bleiben. Esther Mertel, die die Inszenierung durchdringend kennt, hat hierzu die besten Bedingungen geschaffen.
Wie sie uns erzählt, ist es gar nicht so einfach, eine alte Inszenierung immer wieder lebendig werden zu lassen. Vieles muss aufs Neue rekonstruiert werden und im Geiste der Inszenierung kann auch mal manches verändert werden, um sich aktuellen Umständen anzupassen. So ändert sich etwa im Laufe der Jahre das Licht, weil sich die Beleuchtung am Haus wandelt, bestimmte Effekte wirken nicht mehr oder können heute treffender produziert werden.
Doch oberstes Gebot bleibt, der Idee des Ursprungs treu zu bleiben, das wünscht sich übrigens auch Holger Witte-Humperdinck.
Wer sich von dem Zauber von „Hänsel und Gretel“ beeindrucken lassen möchte, kann dies in Düsseldorf tun, am 28. November (jeweils um 18 Uhr) und am 7. und 15. Dezember. Zudem auch am Theater Duisburg am 10. und 23. Dezember. Mehr Informationen unter