Ausstellung Kuriositätenkabinett unter der Erde im Kit
Mit Bauschaum, Harz und Motoren erzeugt Malte Bruns im Tunnel Köpfe und Körperteile.
Düsseldorf. Der Düsseldorfer Malte Bruns (32) ist Medienkünstler mit Sinn für witzige bis irrwitzige Konstellationen. Schon seine letzten beiden Rundgänge an der Kunstakademie zeigten abstruse Szenen. Damals spielte er mit den Filmen von Luis Buñuel, schob in einer digitalen Montage dem Abbild seiner Freundin ein Glasauge unter. In einer Videoszene brachte er auch sich selbst als Wissenschafts-Typ ins Bild, der am großen Rad dreht. Jetzt erhält er den gesamten Tunnelraum im Kit und präsentiert ein Gruselkabinett.
Wer die Treppe abwärts steigt, wird mit der Ansicht zweier sich spreizender Beine konfrontiert. Die Beine öffnen sich wie zur Peepshow im Sex-Salon, wobei das Innere einen perfiden, fast schon lasziven Blick zulässt. Die Installation besteht jedoch nur aus einem billigen Motor, der die Beine hebt und senkt. Wer als Besucher zu nahe herantritt, meint, dass ihm die motorische Bewegung des Beins gleich einen Stups ins Gesicht geben wird.
Die Rampe zum Ausstellungsraum ist frei gelassen. Der Blick fällt lediglich auf einen virtuellen Vorhang, der sich per Loop in eine ständige Bewegung setzt, aber nie gelüftet wird. Noch vor dem Eintritt in diese Versuchsanstalt eines Psychotherapeuten begrüßt von der Decke herab eine kräftige Hand, die eine menschliche Maske mit einem Finger an der Nase hält. Die Maske selbst hat die fiktiven Kunststoff-Lippen zum berühmten Schrei wie von Edvard Munch geformt.
Es gibt Gesichtsformen wie Gehirnschalen, eine Persiflage auf Bruce Nauman mit Bruns’ eigenem, weiß gekalktem und mit einer weißen Haarmaske verfremdetem Kopf. Ein weiblicher Video-Arm ist so fotografiert, als komme uns ein Riesenschenkel entgegen. Malte Bruns hat dafür einen Tisch mit Pappe gebaut, ein Loch geschnitten und den übrigen Frauenkörper im Loch verschwinden lassen. Malte Bruns’ Freundin, von Haus aus Schauspielerin, ist als durchtrainierte Yoga-Sportlehrerin zugleich in der Lage, ihren Wadenmuskel in einer Filmszene zur Musik spielen zu lassen.
Kabel wie Gedärme liegen herum und verweisen auf die Untiefen der heutigen Technologie, in der sich Malte Bruns perfekt auskennt. Mehrmals taucht das Alter Ego in Kunststoff auf. Eine Hand hält einen Kopf, dessen Mund durch ein Holzstäbchen vom Eis am Stil so aufgebockt ist, dass man in den rosaroten Schlund wie in eine zerlaufende Himbeereis-Mulde blicken kann. Und an der Spitze des Tunnels gibt es nicht etwa einen Januskopf, sondern einen Dreierkopf, wobei kleine Formen in digitale Daten verarbeitet und über eine Spezialfirma als vergrößerten Negativen ausgegossen wurden.
Kit-Chefin Gertrud Peters meint, der Besucher solle staunen, lachen, vielleicht auch Ekel empfinden, aber vor allem das Absurde akzeptieren und dem Unfassbaren ins Auge schauen. Mensch und Maschine, Realität und Surrealität verschmelzen in diesem Szenarium.
Das engelische Wort „Tremor“, Titel der Ausstellung, heißt Zittern, Zucken oder Beben. Das passt zu dieser Schau, die die Effekt-Studios von Hollywood auf die Schippe nimmt, indem alles mit billigem Polyurethanschaum, Epoxidharz, Glasfaser, Holz und Draht wie ein Underground-Comic entstanden ist.