London Grammar brüskiert die Fans
Britische Band verschwindet nach 45 Minuten einfach von der Bühne.
Düsseldorf. Es ist nicht leicht zu begreifen, was in einer jungen britischen Popband wie London Grammar vorgeht, die — nachdem sie vom Publikum bei jedem Song laut und lange bejubelt wird — nach knapp 45 Minuten grußlos von der Bühne geht und Zugaben verweigert. Den undankbaren Job, das plötzliche Ende der Veranstaltung zu verkünden, überließen die jungen Musiker dem Veranstalter, der dafür auch Buhrufe einstecken musste.
„Es war ein komischer Abgang. Ich habe nur vom Tourmanager die Info bekommen, dass Sängerin Hannah Reid aus gesundheitlichen Gründen nicht weitermachen kann. Mit der Band selbst hatte ich keinen Kontakt“, sagt Hamed Shahi-Moghanni, der sich als Festivalleiter ansonsten an diesem Abend über drei ausverkaufte Auftritte freuen konnte.
Und nicht nur auf der Bühne der Tonhalle stellt er sich seinem Publikum: „Ich bin noch zu den Fans runter gegangen und habe mit ihnen gesprochen. Außerdem gab es das Angebot, mit den Tickets zu einem Konzert ins Hotel Nikko zu gehen.“
Für die Fans war dies nur wenig Trost — gerade auch deshalb, weil die von Kritikern gefeierte Londoner Band vor dem merkwürdigen Abgang mit Indiepop vom Allerfeinsten in der Tonhalle geglänzt hatte. Ziemlich bedröppelt standen die Fans im hellen Licht des Konzertsaals und fragten sich, womit sie ein solch unprofessionelles Verhalten verdient hatten.
Entsprechend heftig waren die Reaktionen auf den Facebook-Seiten des Festivals und der Band. „Ich bin schwer enttäuscht und wütend“, schreibt einer, während sich andere über die Arroganz der Newcomer ärgern. Auch die Länge des Sets mit nur neun Liedern wird mit Hinblick auf Ticketpreise von über 40 Euro thematisiert.
„Die Band hat ein reguläres Programm inklusive Zugabe von knapp einer Stunde. Wer sich mit Musik auskennt, weiß, dass der Auftritt einer jungen Band, die gerade ihr erstes Album veröffentlicht hat, entsprechend kurz ist“, verteidigt Shahi-Moghanni die Verpflichtung von London Grammar. Die Qualität der Musik sei für ihn das entscheidende Kriterium, nicht unbedingt die Länge.
Und in Sachen Qualität hatten die Briten bei ihrem ersten Auftritt in Düsseldorf durchaus etwas zu bieten. Fast schon sphärisch war der Einstieg mit „Hey Now“ — langsam tasten sich Keyboard und Gitarre in den Song, bevor Reid mit kehligen Lauten der Kopfstimme einsteigt.
Ihre außergewöhnliche wie gefühlvolle Stimme zusammen mit dem minimalistischen, elektronisch durchsetzten Hauchpop begeistert. Starke Songs wie „Flickers“ oder „Wasting My Young Years“ hätten eigentlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wäre da nicht der merkwürdige Abgang gewesen, der den Fans einen großen Hit wie „Strong“ verweigert. Da muss die Band, die musikalisch ihre Reife längst bewiesen hat, sich wohl menschlich noch etwas weiterentwickeln.