Festival Veranstalter verkünden das Ende des Open-Source-Festivals

Nach 14 Jahren verliert Düsseldorf eine wichtige Institution für popkulturelle Musik.

 Fans auf der Grafenberger Galopprennbahn beim Konzert von Max Herre.

Fans auf der Grafenberger Galopprennbahn beim Konzert von Max Herre.

Foto: Judith Michaelis

Das diesjährige Open-Source-Festival am 13. Juli wird das letzte sein. Das haben die Veranstalter am Freitag verkündet. Die Entscheidung kam überraschend, und tatsächlich fiel sie auch erst jetzt.

Als Grund nennt Festival-Macher Philipp Maiburg gestiegene Kosten, die sich mit den Einnahmen nicht mehr decken ließen. Gemeint sind sogenannte Infrastruktur-Kosten: Technik, Personal, Security, Zäune und fliegende Bauten, also alles, was auf- und abgebaut werden muss, um das Festival in der gewohnten Qualität, aber vor allem auch unter den aktuell geltenden Sicherheitsauflagen produzieren zu können. „Das sind Kosten, die nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz gestiegen sind und sich auf die Preise ausgewirkt haben“, so Maiburg. Hinzu kämen auch Faktoren wie die Zahlung von Mindestlöhnen. Jahr für Jahr seien die Kosten um etwa 7 Prozent gestiegen. Die Gesamtkosten für das Festival sowie für den ein Tag vorher startenden Kongress beliefen sich auf 750 000 Euro.

Die Einnahmen lägen dagegen unter dem Niveau des Vorjahres. Dazu zählen Ticketverkäufe, Gastronomie, Fördergelder, Subventionen von Stiftungen und Sponsoring. In puncto Ticketverkäufe lag das Festival bis Mitte April noch leicht über dem Niveau des Vorjahres, jetzt seien sie zurückgegangen. Könnte das mit der Debatte um den US-amerikanischen Rapper Talid Kweli zu tun haben, der wegen seiner Nähe zur anti-israelischen Bewegung „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ (BDS) vom Festival-Team ausgeladen wurde? Philipp Maiburg verneint. Der Ticketverkauf sei schon vorher rückläufig gewesen.

Das Hauptproblem: Es fehlen viele Sponsorengelder

Möglicherweise müsse man beim Ticket- und Getränkeumsatz mit Einbußen bis zu 40 000 oder 50 000 Euro rechnen. Maiburg hofft aber, dass mit dem Bewusstsein, dass das Open-Source-Festival zum letzten Mal stattfindet, die Nachfrage nach Tickets steigt. Aber auch von Stiftungen habe man 17 000 Euro weniger erhalten. „Die Stiftungen haben das Problem, dass sie nur ausschütten, was sie an Zinseinnahmen bekommen, und die sind in den letzten Jahren nicht gestiegen“, so Maiburg.

Zudem seien die Fördergelder um 27 000 Euro gesunken. So sei die städtische Förderung von 110 000 Euro im Jahr 2016 auf inzwischen 103 000 Euro zurückgegangen. Als Hauptproblem erachtet Maiburg aber, dass vor allem Sponsoren weggebrochen seien – dieses Jahr erhielten sie von hiesigen Unternehmen 35 000 Euro weniger. „Ich möchte an keiner Stelle einen verbitterten Eindruck erwecken, weil ich vor allem für die Zeit dankbar bin, in der wir das Festival aufbauen durften, aber ich bin schon enttäuscht von den Düsseldorfer Unternehmen, die sich hier vor Ort kulturell einfach zu wenig engagieren. Es ist immer einfach, alles auf die Stadt zu schieben. Wer hier vor Ort wirklich so erfolgreich Business macht, könnte sich hier ruhig auch mal lokal oder regional kulturell engagieren“, sagt Maiburg.

Unter solchen ungünstigen Voraussetzungen sehen die Veranstalter keine Zukunft mehr für das Open-Source-Festival. Man habe sich mit den kooperierenden Dienstleistern darauf verständigt, noch eine letzte Ausgabe zu organisieren und – wie schon häufig in den vergangenen 14 Jahren – auf ein eigenes Gehalt zu verzichten.

Oberbürgermeister Thomas Geisel und Kulturdezernent Hans-Georg Lohe betrachten ein Ende des Festivals als „herben Rückschlag für das kulturelle Leben in Düsseldorf“. Auf Anfrage der WZ betonen beide, dass sie persönlich mit Philipp Maiburg die aktuelle Situation besprochen hätten, allerdings habe der Veranstalter dabei bisher noch kein konkretes Hilfegesuch an die Stadt gerichtet.

Nach Abschluss des diesjährigen Festivals sei man aber gerne bereit, den Dialog über die Zukunft des Open-Source-Festivals weiterzuführen, teilen Geisel und Lohe mit.

Gegründet hat Philipp Maiburg, seinerzeit selbst DJ und Produzent, das Festival 2006. „Ich hatte mehrere Alben veröffentlicht, war international unterwegs, habe kleinere Abende veranstaltet und dachte: Komisch, dass es in Düsseldorf kein einziges Format gibt, das dem pophistorischen Erbe der Stadt gerecht wird und dieses auch zeitgemäß und visionär nach vorne ausleuchtet.“ Das Festival startete mit einem kleinen Team und 2000 Besuchern im Strandbad Lörick mit drei Bühnen, heute wird es auf der Grafenberger Galopprennbahn ausgetragen, zuletzt kamen 7000 Zuschauer.

Das Open Source hat sich als kulturelle Institution in NRW etabliert. So läuft die Kooperation mit der Kunsthochschule für Medien Köln jetzt im zehnten Jahr: Kunststudenten bespielen Wettschalter-Häuschen und Pferdeboxen. Daneben gibt es den Ideen-Marktplatz der Open Squares, wo 20 Kreativ- und Kulturwirtschaftsunternehmen ihre Ideen präsentieren können – dieses Jahr erhielten die Festival-Macher 70 Bewerbungen. Aber auch deutschlandweit wachse die Popularität des Open Source: „Jedes Jahr bewerben sich für die Young Talents Stage etwa 100 Bands, die bei uns spielen wollen“, sagt Maiburg. Nicht zuletzt sei es gelungen, internationale Partner zu finden, etwa NTS Radio, ein Online-Radio aus London, das seit vier Jahren die Veranstaltung live überträgt. „Mit den Streamings erreicht es weltweit bis zu 60 000 Leute am Festival-Tag“, so Maibach.

Auch über das Festival hinaus sind die Initiatoren unterjährig aktiv: Pro Jahr organisieren sie acht bis zehn kleinere Veranstaltungen und vermieten Künstler-Ateliers. Im ehemaligen Kraftwerk-Studio betrieben sie ein Artist-in-Residence-Projekt, ebenso Zwischennutzungen im Kreativquartier Postpost, wo sie 30 Künstlerateliers und einen Veranstaltungsraum zur Verfügung gestellt hatten.

Zu den Höhepunkten der letzten Festival-Ausgabe dürften die kalifornischen Musiker Dam-Funk (spielt Synthesizer-Funk) und Peaking Lights (das Ehepaar setzt auf elektronisch inszenierte Hippie-Romantik), Woods of Birnam, der Band von Sänger und Schauspielhaus-Darsteller Christian Friedel (liefert ein Hamlet-Set) sowie die Düsseldorfer DJs Lena Willikens und Vladimir Ivkovic gehören.