Neu in den Programmkinos Parasite: Rebellion der Elenden gegen die Oberschicht
Düsseldorf · Unser Kolumnist Philipp Koep beleuchtet aktuelle Filme in Düsseldorfer Programmkinos.
Parasite
Nach dem japanischen Lumpenproletariatsdrama „Shoplifters“ rüttelt nun auch die koreanische Produktion von Bong Joon-ho mit klassenkämpferischem Sarkasmus am fernöstlichen Traum von Reichtum und Erfolg. Wie in seinem Kassenerfolg „Snow Piercer“ geht es um eine Rebellion der Elenden gegen eine dekadente Oberschicht.
Ki-tek lebt mit seiner Familie buchstäblich in der Unterstadt und schlägt sich mit miesen Jobs durch ein elendes Leben in einer verkommenen Wohnung. Als sein Sohn Ki-woo das Angebot bekommt, in der reichen Familie Park als Nachhilfe-Lehrer zu arbeiten, ergreift er die Chance konsequent – auch, wenn dabei ein paar Referenzen getürkt werden müssen. Als er einmal den Fuß in der Tür des noblen Anwesens in der Oberstadt hat, baut er seine Position systematisch aus.
Er sorgt dafür, dass das übrige Personal durch die eigene Sippe ersetzt wird...
Gut eine Stunde liefert der Cannes-Sieger ebenso brillante wie rabenschwarze Gesellschaftssatire ehe der Film dann in den für Bong Joon-ho typischen rabiaten Stil wechselt, der gern mit Tarantino verglichen wird.
Nichts für zarte Gemüter, aber das ist das Leben von Ki-teks Familie nie gewesen.
Metropol, Vorpremiere am Mo. um 19 Uhr (kor. OmU)
Dunkel, fast Nacht
Wie der Titel, so ist auch die Stimmung in diesem Heimatfilm der besonderen Art.
Drei Kinder sind verschwunden in der Gegend und die Journalistin Alicja macht sich auf die Spur des rätselhaften Vorfalles, hinter dem ein grauenhaftes Verbrechen stecken könnte. Für Alicja ist die Recherche aber auch eine Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Kindheit in dieser Gegend Schlesiens. Sie wohnt im Haus ihres verstorbenen Vaters und dort erscheinen ihr die Geister der Vergangenheit.
Derweil erzählen ihr die Menschen Geschichten von Verdächtigungen, Vernachlässigung und scheinheiliger Schönfärberei.
Irgendwo zwischen Psychodrama und Horrorfilm etabliert Regisseur Borys Lakosz seine ganz eigene Dramaturgie zwischen Neugier und Magie, Poesie und Grauen, die sich den Standards des Genres immer wieder geschickt entzieht.
Bambi, Do/Fr. um 21.45 h, am So. um 21.45 Uhr im poln. OmU
Bruder Schwester Herz
Das Leben ist keine Marlboro-Ranch. Irgendwie weht ein Hauch vom Wilden Westen über diesem Provinzdrama von Tom Sommerlatte, das sich dann aber an ein heikles Thema macht.
Franz und Lilly sind voll eingespannt, seit sie den väterlichen Hof übernommen haben. Franz (Sebastian Fräsdorf) kümmert sich um Vieh und Felder, Lilly um Buchhaltung und den pflegebedürftigen Vater. Irgendwie leben die Geschwister ein eheähnliches Beziehungsmodell, das in eine ernste Krise gerät, als sich Lilly in den Musiker Chris verliebt.
Obwohl Franz sich gern in fremden Betten austobt, reagiert er nun bei der Schwester eifersüchtig. Prompt zieht Lilly (Karin Hanczewski) mit Chris fort und Franz schliddert in eine tiefe Krise, derweil wähnt sich seine Freundin Sophie am Ziel ihrer Träume und übernimmt strategisch nicht nur die Buchhaltung sondern auch den Gemüsegarten.
Coming of Age-Drama für die reifere Landjugend.
Metropol, Do. 21 Uhr, Fr. – Mo. um 21.14 Uhr
Der Glanz des Unsichtbaren
Während sich die Grande Filmnation auch gern mal mit seichter Unterhaltung und leichtem Humor bespaßt, hat sich in Frankreich andererseits auch eine Filmsparte entwickelt, die sich mit den sozialen Brennpunkten der Gesellschaft – meist in Nordfrankreich - befasst. Louis-Julien Petits Obdachlosen-Drama versucht den Spagath zwischen erbaulichem Feelgood-Kino und engagiertem Blick auf Missstände.
Mit der Schließung des „L´Envol“ verlieren die Obdachlosen der heruntergekommenen Industriestadt einen letzten Zufluchtsort. Die Gemeinde streicht die Mittel, die Hilfseinrichtung für Frauen arbeitet nicht erfolgreich genug und Leiterin Audrey ist angeblich oft zu nachsichtig mit ihrer Klientel.
Mit dem Mut der Verzweiflung machen sich die Frauen gemeinsam an einen letzten Versuch, sich zu „integrieren“ – koste, was es wolle! Das fängt mit einer gewissen Kreativität beim Beschönigen des Lebenslaufes an und hört mit Chuzpe noch lange nicht auf. Neben viel Mutterwitz kann die Sozialkomödie mit einem Blick punkten, der den Ausgestoßenen Schönheit und Würde verleiht ohne in Gefälligkeit zu abzudriften.
Bambi, Vorpremiere am Mo. um 19 Uhr (frz. OmU)
M.C. Escher – Reise in die Unendlichkeit
Mit seinen „unmöglichen Bildern“ wurde der niederländische Grafiker Maurits Cornelis Escher weltberühmt: Treppenhäuser, die man endlos aufsteigen kann, Hände, die sich selbst zeichnen. Das Werk des Mannes aus Leuwarden spielte mit der Psychologie des Sehens, seine Engel konnten als Kippfiguren auch Teufel sein. Mit diesem Hintersinn wurde M.C. Escher (1998 – 1972) gern zitierter Künstler verschiedener Disziplinen von der Mathematik bis zur Kognitionswissenschaften, sogar Christopher Nolans „Inception“ basiert auf den Scheinwelten Eschers.
Der Dokumentarfilm von Robin Lutz präsentiert M.C. Escher ausführlich in seinen eigenen Worten, die aus Briefen, Notizen, Vorträgen und Tagebüchern stammen und bebildert diese beziehungsreich mit dessen Werken.
Metropol, tgl. um 17 Uhr (außer Mo.)