Regisseur Johannes Schmid: „Die Oper muss erst einmal mir gefallen“
Regisseur Johannes Schmid spricht über seine beiden neuen Werke für Kinder.
Herr Schmid, was unterscheidet eine Inszenierung für Kinder von anderen Regiearbeiten?
Johannes Schmid (Bild 2): Es geht in solchen Produktionen vielleicht mehr darum, eine Geschichte spannend und fesselnd zu erzählen als um konzeptuelle Neudeutungen. Ansonsten sehe ich die Unterschiede mehr im Thematischen, als im Ästhetischen. Wenn ich für Kinder inszeniere, bin dennoch ich der Erste, dem der Abend - oder Nachmittag - gefallen muss. Man kann als Regisseur ja nicht an sich vorbei arbeiten, und vermeintlich zu erahnen, was Kindern gefällt, das kann meiner Meinung nach nur schiefgehen. Die Erfahrung hat mich aber gelehrt, dass ich nicht so falsch liege.
Wie erlangt ein Theatermacher in Zeiten der Reizüberflutung die Aufmerksamkeit des jungen Publikums?
Schmid: Theater und Oper ist für Kinder zunächst einmal eine so ungewohnte und fremde Erfahrung, dass es gar nicht so schwer ist, sie zu erreichen. Anders als in Kino, Game oder TV stehen da echte Menschen auf der Bühne. Das ist die große Qualität, auf die man setzen sollte, und gar nicht erst versuchen, der Schnelligkeit der neuen Medien hinterher zu hecheln. Aber das Wichtigste ist meiner Meinung nach, die jungen Besucher in ihrer Gefühlswelt ernst nehmen. Aller Reizüberflutung zum Trotz ist es für Kinder wichtig, Geschichten erzählt zu bekommen, die sich mit ihrer Welt, ihren Problemen auseinandersetzen.
Haben Sie dafür beim „Mädchen, das nicht schlafen wollte“ eng mit Komponist Lange und Autor Martin Baltscheit zusammengearbeitet?
Schmid: Ja, ich bin relativ früh dazugekommen, also schon in der Libretto- und Kompositions-Phase. Mit dabei war auch unsere Bühnenbildnerin Tatjana Ivschina. So hatten wir bald alle eine ähnliche Vorstellung davon, was wir erzählen wollen und konnten alles harmonisch ineinander arbeiten. Das ist ja das Tolle bei einer Uraufführung!
Was ist denn für Sie das Wesentliche an dem Stück?
Schmid: Dass es sich auf sehr emotionale, aber zugleich witzige Weise mit zentralen Themen des Lebens auseinandersetzt: mit der Liebe und dem Tod. Das sind Fragen, die auch Kinder stark beschäftigen. Es geht ums Erwachsenwerden, Loslösung von den Eltern und den ersten Kuss. Und die Frage, wie kann man das Leben wagen, auch wenn an dessen Ende der Tod steht. Wir haben versucht, uns dieser Themen ernst, aber auch mit einer großen Leichtigkeit und bildnerischer Opulenz anzunehmen, dass es die Kinder schon abholt und sie vielleicht etwas mutiger und froher aus dem Opernhaus entlässt.
Nun folgt „Ronja Räubertochter“ — wie wird daraus eine Oper?
Schmid: Jörn Arnecke, der Komponist, und Holger Potocki, der Librettist, haben den Roman für die Bühne wunderbar verdichtet. Es steht ja nur ein knapper Zeitraum von etwa zwei Stunden zur Verfügung. Aber die wichtigsten Szenen und Bilder sind vorhanden, so dass nichts Entscheidendes verloren geht. In dem Buch steckt ja auch genügend Dramatik für eine Oper. Astrid Lindgren schildert so großartig ein selbstbewusstes, wildes Mädchen, das sich trotz seiner großen Liebe für ihre Räuber-Familie für ein eigenes Leben entscheidet, und sich mit dem Sohn der verfeindeten Räuber-Bande anfreundet! In gewisser Weise also auch eine Kinder-Version von Shakespeares „Romeo und Julia“.
Wird es wieder romantisch?
Schmid: Na ja, nicht ganz so wie beim „Mädchen, das nicht schlafen wollte“. Denn bei „Ronja Räubertochter“ geht es weniger um aufkeimende Liebe, sondern mehr um die Kraft der Freundschaft und darum, selbstständig ins Leben zu treten.