Düsseldorf Seniorentheater zeigt Fassbinders „Katzelmacher“

Das Thema ist aktuell, die Sprache rotzig und punktgenau — das Seniorentheater feiert mit einem neuen Stück Premiere. Es ist die letzte Arbeit mit Regisseurin De Haan.

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Düsseldorf. Der Film war damals Kult, erinnern sich Klaus Deutzmann, Gabriele Pickart-Alvaro und Rya Kühn an Rainer Werner Fassbinders „Katzelmacher“. Es waren die 68er Jahre und die drei Mimen des Seniorentheaters (Seta) waren damals jung. Die rotzige, manchmal brutale Sprache in oberbayrischem Slang hatte es ihnen angetan. Irritiert waren sie allerdings über die Langsamkeit. „Es vergeht viel Zeit, bevor der nächste etwas sagt“ erklärt Gabriele Pickart.

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Und Deutzmann: „Fünf Minuten passiert etwas, in den nächsten fünf Minuten geschieht nichts.“ Heute gehören die drei zur Generation 60 plus und schätzen das als Stilmittel des einstigen Filmemachers, Schauspielers und Autors Fassbinder (1945-1982). Genauso wie Marlin de Haan, die Fassbinders Theaterstück mit 14 Laien-Darstellern des Seta auf die Bretter im Juta bringen wird. Am Mittwoch ist Premiere.

Klar, dass die junge Regisseurin — mit 37 könnte sie gut die Tochter ihre Schauspieler sein — in den letzten Wochen die Proben intensiviert hat. Warum De Haan, die sich mit dieser Arbeit nach zehn Jahren vom Seta verabschieden wird, dieses Fassbinder-Opus’ von 1968 ausgewählt hat? Sie habe keine Jugend-Erinnerungen daran, näherte sich nur durch den Text. „Die direkte, harte Sprache war ausschlaggebend und das Thema.“

Es geht um Neugierde, Eifersucht und Aggression einer Gruppe in einem bayrischen Dorf gegenüber einem Neuling, der die Langeweile rabiat aufbricht. Dieser Fremde ist der griechische Gastarbeiter Jorgos, an dem sich Fremdenhass und Feindseligkeiten entladen. Sicherlich ein Sujet, das auch etwas mit der aktuellen Lage — mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge, die täglich nach Europa kommen — zu tun hat. Doch die Entscheidung für den „Katzelmacher“ (in den 60ern eine abschätzige Bezeichnung für Gastarbeiter) fiel bereits vor neun Monaten. Damals konnte noch niemand ahnen, wie aktuell das Theaterstück in diesen Tagen sein würde.

Zweimal pro Woche haben De Haan und ihre Seta-Mitstreiter (2010 wurden sie für „Kleinbürgerhochzeit“ ausgezeichnet mit dem „Amarena“-Preis des Bundes Deutscher Amateur-Theater) gelesen, auswendig gelernt und geprobt. Im Gespräch spürt man, dass sie nicht nur mit Ehrgeiz den Aufführungen entgegenfiebern, sondern dass sie das Stück und die Sprache gepackt haben.

Geprägt sei ihre Inszenierung, so De Haan, von der Neuen Sachlichkeit der Stilistin Marieluise Fleißer (1901-1974), die im bayrischen Ingolstadt den Menschen in der Provinz und dem Kleinbürgertum, Handwerkern und Dienstmädchen, literarische Denkmäler setzte. Eine Dramatikerin, die auch Fassbinder schätzte, und deren Werke sie wieder ausgrub. Fleißers gestisches Sprechen in unverrückbarer Genauigkeit sei für die Darsteller wichtig, erklärt Deutzmann.

Diese Langsamkeit passe zum Fassbinder-Stück. Die gebürtige Bayerin Rya Kühn, seit 1997 aktiv beim Seta, meint lächelnd: „In Bayern geht halt alles langsamer.“ Außerdem: „Das Drama besteht aus vielen kleinen Szenen, ist wie ein Film geschnitten. Deshalb müssen die Sätze unbedingt auf den Punkt kommen“, so die Regisseurin.

Shakespeare, Ionesco, Dürrenmatt, Lorca und Brecht — das Seniorentheater hat unter Marlin de Haan Flagge gezeigt und häufig auf klassische oder arrivierte Autoren gesetzt. „Vielleicht sind wir deshalb erfolgreich und werden ernst genommen“, sagt Rya Kühn. Macher und Darsteller können stolz sein, denn das Seta gibt es seit 26 Jahren. Heute sind von 34 Mitgliedern immerhin 30 Prozent Männer. Das war 1989 anders, so Kühn. „Da hieß es immer: Männer gesucht“. Auch für Neu-Zugänge sei die Seta-Türe immer geöffnet.