Laurie Penny im FFT „Sexuelle Revolution“: Britin stellt neues Buch vor

Düsseldorf · Ihr Auftritt in Düsseldorf ist für Laurie Penny wie ein Heimspiel. Die britische Autorin und Aktivistin trifft bei der Vorstellung ihres neuen Buches „Sexuelle Revolution“ im FFT auf viel Zustimmung und Bewunderung. Aber es gibt auch Kritik.

Die sexuelle ­­Revolution hat längst begonnen, sagt die britische Autorin Laurie ­­Penny.

Foto: Sam Braslow

Damit hatte wohl niemand gerechnet: Die bekannte britische Journalistin, Autorin und Aktivistin Laurie Penny kommt nach Düsseldorf, um über ihr neues feministisches Buch zu sprechen, und das erste, das sie anspricht, ist Science-Fiction. Wie sie darauf kommt? Es ist Mittwochabend, und Penny sitzt zusammen mit der Kulturwissenschaftlerin und Autorin Mithu Sanyal, die durch den Abend führt, inmitten eines durchaus futuristischen Bühnenbilds auf der Bühne 1 des Forums Freies Theater (FFT). Science-Fiction und Feminismus? Naja, immerhin ist beides zukunftsorientiert. Und zur allgemeinen Auflockerung eignete sich diese Eingangsbemerkung auch.

Anfang März ist Pennys neues Buch „Sexuelle Revolution – Rechter Backlash und feministische Zukunft“ sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch erschienen. Deswegen ist die 35-Jährige auf Lesereise durch Deutschland. Düsseldorf ist nach Hamburg ihr zweiter Stopp. Auf der Bühne im FFT sitzt ebenfalls Schauspielerin und Sängerin Katrin von Chamier an einem hohen Pult, um aus dem Buch zu lesen.

Ernster Monolog wird mit
kleinen Aussagen aufgelockert

„Liebe ist politisch“, so beginnt der erste Text. Penny beschreibt in dem Kapitel „Liebesmühen“, dass Partnerschaft für heterosexuelle Frauen häufig eine emotionale Last sei. Zudem kritisiert sie, dass von heterosexuellen Männern so gut wie nie verlangt werde, für die Liebe Identität, Ehrgeiz oder sexuelle Sehnsüchte zu opfern – von Frauen hingegen schon. Gleichzeitig sieht sie Männer auch als Opfer ihrer selbst. „Toxic masculinity is a prison“, so Penny. Generell sei es hart für eine Frau zu lieben. Komplizierter werde es, wenn auch noch Familie und Kinder hinzukämen, erklärt Penny. Im Übrigen sei sie zwar verheiratet, aber nicht schwanger, stellt die Autorin sogleich klar. Mit kleinen, zwischenrufähnlichen Aussagen wie dieser schafft sie es, ihre ernsten Monologe aufzulockern. Bei jeder dieser Bemerkungen zieht sie die Mundwinkel nach unten oder grinst mit geschlossenen Lippen. Das Publikum lacht mit ihr. Aber wie soll es auch anders sein? Das hauptsächlich weibliche, weiße und durchschnittlich 30 Jahre alte Auditorium ist eben feministisch.

Ein zweites zentrales Thema an diesem Abend ist der Consent – die Einvernehmlichkeit. „Consent is more than sex“, erklärt Penny. Consent sei nichts, was eine Frau einem Mann gebe. Einvernehmlichkeit müsse aus dem Miteinander beider Seiten entstehen. Es sei die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, und zwar ohne dass eine Seite Kompromisse eingehen müsse. In ihrem Buch bezieht Penny auch ganz persönliche Erfahrungen in die Themen ein, über die sie schreibt. Sie berichtet, aus welchen Gründen sie früher Sex mit Männern hatte und warum ihr das Autorin-Sein wichtiger ist als eine Beziehung. Neben Liebe, Consent, toxischer Männlichkeit und Sex geht es vor allem um sexualisierte Gewalt. Die sexuelle Revolution laufe bereits, so Penny. Gleichzeitig erkennt sie: „We don’t fix every­thing in one night or in one year.“ In ihrem Buch versucht Penny, die Sichtweisen von Women of Color, Trans- und indigenen Frauen einzubeziehen. Auch Rassismus thematisiert sie: „Feminism doesn’t make sense without it.“ Im Zuge der Veröffentlichung ihres Buches hat Penny viel Gegenwind bekommen. Allerdings bezieht sich die Kritik häufig nicht auf ihr Werk, sondern auf sie als nichtbinäre Person, die sich also weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig fühlt. Es gebe Menschen, die die Existenz Nichtbinärer- und Transpersonen gern ignorieren würden, sagt Penny. Diese ließen sich aber nicht wegdiskutieren.

Die Diskussionsphasen zwischen Sanyal und Penny überwiegen an diesem Abend. Wobei die Düsseldorferin Themen anreißt und Penny in längere Monologe verfällt. Sanyal hakt ein, und das Gespräch bekommt eine eigenständige Dynamik. Zum Schluss öffnen sie die Diskussion für das Publikum. In Bezug auf Rassismus wirft eine Frau Penny vor, die gleiche Sprache zu verwenden wie die Menschen, die sie eigentlich kritisiert. Penny reagiert entspannt und dankt für diesen Hinweis.

Nach der dritten Wortmeldung haben Sanyal und Penny sichtlich Schwierigkeiten, ein Ende zu finden. Katrin von Chamier rettet die Situation, sie schnappt sich eine Gitarre, bittet darum, das Licht zu dimmen, beginnt zu spielen und singt: „How could anyone ever tell you: you are anything less than beautiful?“ Damit endet der Abend, und im Publikum macht sich ein starkes Gefühl breit – Empowerment.