Suppe und ein Telefon, das Bücher vorliest
Ab Sonntag ist im Heine-Institut „Literarisches Leben in Düsseldorf seit 1970“ zu sehen: eine vielschichtige Schau über die Szene.
Düsseldorf. Ein wenig traurig klingt Kurator Enno Stahl bei seiner Feststellung, dass die Literatur in Düsseldorf allenfalls eine Hintergrund-Rolle spiele. Zu präsent seien die Kunstakademie, aber auch Musik und Schauspiel.
Doch da das Kleine oft das Feine ist, antwortet er auf die Frage nach der Besonderheit der Düsseldorfer Literaten-Szene: "Die gute Zusammenarbeit der Schriftsteller untereinander ist auffallend. Es gibt keine Gräben und keine Kämpfe wie etwa in Köln."
Bei seiner Recherche zu dieser Ausstellung hat Stahl erkannt, dass die Szene "in den 70ern ganz erheblich an Fahrt gewinnt". Deshalb beleuchtet die Schau diese knapp vierzig Jahre Geschichte von den Lesungen im Sassafras über die Gründung des ersten Literatur-Büros in NRW 1980 bis hin zum ersten Bücherbummel Mitte der 80er und den bekannten Suppenlesungen in der Zentralbibliothek. All diese Ideen sind untrennbar mit Rolfrafael Schröer verbunden, der zwar mittlerweile in Münster lebt, in Düsseldorf aber weiter den Status einer Legende genießt.
Der erste Raum der Ausstellung ist gewissermaßen der literarischen Infrastruktur gewidmet. Verlage sind vertreten, das Literatur-Büro steuert originale Tagesprotokolle bei, der Heine-Preis wird beleuchtet, wenn auch ohne den Handke-Skandal, und sogar das Literatur-Telefon kann der Besucher wieder anrufen und sich Texte vorlesen lassen.
Viele Veranstaltungen sind dokumentiert, die Geschichte des NRW-Autorentreffens etwa, und eine Suppentasse der erwähnten Lesungen in der Bibliothek findet sich auch in der Vitrine. Schön kurios ist ein Manga-Comic über Heinrich Heine, eine der zahlreichen privaten Leihgaben. Die restlichen Exponate stammen aus den Nach- und Vorlässen des Rheinischen Literaturarchivs im Heinrich-Heine-Institut.
Der zweite Raum gehört Autoren der jüngeren Geschichte. Rose Ausländer, Dieter Forte und Rolf Bongs werden hier ausführlich gewürdigt. Thomas Kling ist mit seiner Beat-Poesie vertreten, aber auch Klas Ewert Everwyn, Renate Neumann, Schröer natürlich und viele andere.
Teile ihrer Werke sind zu sehen, garniert mit schönen Porträt-Fotos. Am Ende des Raumes, in einer Ecke, als Abschluss und Ausblick gleichermaßen ist das "Box-it!"-Projekt des Heine-Instituts vertreten. Eine von drei schwarzen Boxen steht hier, in der junge Menschen entweder Gedichte schreiben, Texte einsprechen oder Fotos schießen können, um selbst kreativ zu sein.
Bernd Kortländer ist der festen Überzeugung, die Szene sei besser, als man gemeinhin denke. Und wird die Ausstellung am Sonntag wohl mit einem Heine-Zitat eröffnen: "Der heutige Tag ist ein Resultat des gestrigen. Was dieser gewollt hat, müssen wir erforschen, wenn wir zu wissen wünschen, was jener will." Das könnten die Verdienste dieser Schau werden: zeigen, was war, und ahnen lassen, was werden könnte.