Düsseldorfer Kultur Theater: "Die Nibelungen" - spannend wie ein Krimi
Kurt Josef Schildknecht hat das Erfolgsstück „Terror“ inszeniert. Jetzt bringt der 72-Jährige Hebbels Klassiker auf die Bühne im Central.
Düsseldorf. Er ist eingesprungen. Von jetzt auf gleich. Abends feierte Kurt Josef Schildknecht noch Opern-Premiere in Innsbruck, am Tag drauf stand er im Düsseldorfer Schauspielhaus auf der Probebühne. Der 72-jährige Regisseur wirkt dabei so gar nicht wie von der schnellen Truppe. Das Haar ist weiß und sorgsam geschnitten, die Kleidung dezent dunkelblau, die Wortwahl bedächtig. „Ich helfe Günther Beelitz gerne“, sagt Schildknecht.
Er war zur Stelle, als Dietrich Hilsdorf wegen Krankheit „Die Nibelungen“ absagen musste. Am kommenden Freitag bringt nun der ehemalige Intendant des Saarbrückener Staatstheaters Hebbels Klassiker im Central auf die Bühne — in der Textfassung, dem Regiekonzept, der Besetzung und den Kostümen, die Hilsdorf bereits entworfen hatte.
Schildknecht hat Beelitz weit mehr geholfen als nur mit dieser schnellen Zusage für die Ersatz-Regie. Seine Inszenierung des Erfolgsstücks „Terror“ hat das Düsseldorfer Schauspielhaus aus der Krise manövriert: ausverkaufte Vorstellungen, begeisterte Zuschauer, Podiumsdiskussionen.
Es ist, als habe „Terror“, der Theatercoup vom Autor Ferdinand von Schirach mit zahlreichen Aufführungen in ganz Deutschland eine Zeitenwende eingeläutet. Der Abend bringt nicht wenige Zuschauer erst dazu, die Ausweich-Spielstätte Central am Hauptbahnhof zu besuchen.
Jetzt die Nibelungen. Ein Stück, das Schildknecht schätzt, aber noch nie selbst inszeniert hat. „Es ist natürlich anders, als wenn man bei Null anfängt“, beschreibt er seine Situation als eingesprungener Regisseur. Hilsdorf und Oliver Held, der Regisseur und der Dramaturg, haben aus den drei Teilen eine „straighte Fassung“ gemacht, sagt er.
Alles Ausschmückende sei gestrichen, das gefalle ihm. Spannend wie ein Krimi sei die Geschichte mit den allseits bekannten Figuren König Gunther, Kriemhild, Siegfried oder Brunhild erzählt. Es sei für viele Zuschauer, die in der Nibelungen-Sage nicht zu Hause sind, sicher ein Genuss, diese kompakte Version zu erleben.
Es gehe ihm um die aktuelle Frage, was passiert, wenn Leute in ihrem Handeln nur einer Schiene folgen. Ohne Kompromisse, ohne Verhandlungen. „Wenn jeder auf seiner Ansicht besteht, geht man im Chaos unter.“ Im Ausland gelten die Nibelungen als der deutsche Stoff schlechthin. Für Schildknecht ist es viel mehr ein universelles Thema, das anhand der Sage von Hebbel entwickelt wird.
Die Inszenierung lässt die Figuren in einer Zeit auftreten, die nicht weiter bestimmt wird — weder liegt sie im Heute noch ist sie historisch. Auch das Bühnenbild biete keine fertige Verortung. Er wolle die Fantasie anregen. „Man muss sich beim Zuschauen die Räume selber zusammendenken.“ Schildknecht sagt, das könne man natürlich auch ganz anders machen, aber in dieser Inszenierung sei das nun mal so. Im Gespräch setzt er diesen Zusatz mit einer Geste in Klammern.
Eine kleine Distanzierung vom Rahmen, der ihm bei seiner vorerst letzten Arbeit am Düsseldorfer Theater vorgeschrieben ist.
Mit „Die Nibelungen“, „Terror“ und „3D“ des Düsseldorfer Künstlers Stephan Kaluza ist Schildknecht der am meisten beschäftigte Regisseur in der Intendanz von Günther Beelitz. Mit dem Nachfolger Wilfried Schulz gebe es keine persönliche Verbindung, sagt Schildknecht.
Daher gehe es nach der Premiere erst einmal in eine längere Regie-Pause ins heimische Bad Kleinkirchheim. Ein Urlaubsort übrigens, an dem Beelitz seit einigen Jahren im Sommer ein Theaterfestival veranstaltet und zukünftig als Intendant weiterwirken will.