Theater: Schöner Tanz ums Ich
Eine muntere Suche nach dem eigenen Ego ist das Tanz-Stück „Ich ist ein anderer“.
Düsseldorf. Die Inszenierungen des Theaters der Klänge erschöpfen sich nicht in bloß technisch gewagten Konstruktionen mit trockenen Titeln, entstammen also nicht der Retorte des Tanz-Laboratoriums. Für "Ich ist ein anderer" hat sich die Formation zur Premiere im FFT mit allen schillernden Attributen, viel Bewegung und einer Überdosis Klamauk dem Thema "Identität" gewidmet. Dieses Thema ist ein weites Feld, könnte bei der Psychoanalyse beginnen und der Funktion von Neurotransmittern enden. "Ich bin nämlich eigentlich ganz anders", trägt José Fernando Andrade-Lopez, einer der vier Darsteller, vor. "Leider komme ich nur selten dazu, so zu sein."
Mit Masken und Multimedia wird nach dem Sein geforscht
Mit allen Mitteln der multimedialen Kunst und eigens hergestellten Masken versucht das Ensemble, neben José Fernando Andrade-Lopez gehören Catalina Gomez, Francesco Pedone und Hana Zanin dazu, die Frage nach dem Charakter einer Person zu ergründen. Was bedeutet es, Ich zu sein? Historisch vorgefundenes Bewegungs-Material, den Pas de deux etwa, funktioniert das Quartett in seinen Rollenspielen zu avantgardistischen Kunsttechniken um. Da wird gehoben und sich gewälzt, folgen elfenhaft leichte Sprünge auf plumpes Trampeln, geben die Damen einen Ringelreihen und die Herren so etwas wie ein Duell. Schnell wechseln die Momentaufnahmen, manche Szenen wiederholen sich, vielleicht auch um zu zeigen, wie Ichs geformt werden oder sich verwandeln lassen. Ein großes Thema bei "Ich ist ein anderer" ist die perfekte Selbstinszenierung und diesen Szenen geben sich die Vier mit besonderer Verve hin. Denn nichts ist in unserer Zeit so wichtig wie der schöne Schein, um dessen "perfekten Sitz" zu überprüfen bedarf es der permanenten Anwendung glitzernder Spiegel. Die Reflektion dient dabei allein der Hülle. Was sich darunter verbirgt, am Ende gar ein völlig verzagter Mensch, dieses Problem lässt sich damit noch lange nicht lösen. Aber doch perfekt kaschieren. Beispielsweise mit Masken, hinter denen sich allerlei verstecken lässt. Voller Lust stürmt das Quartett mit Musik durch seine Szenen, arbeitet mit wie bei der rhythmischen Sportgymnastik üblichen Bändern, die hier am Ende einen flackernden Lichtpunkt haben und sorgt mit dem Wechsel zwischen Licht und Schatten für Unterhaltung. Eine wichtige Funktion haben verspiegelte Boxen, durch die das Quartett schön schreitet oder die sich optimal dazu nutzen lassen, sich selbst oder ein Ich, das einem gerade nicht genehm ist, zu verbergen. Jacqueline Fischers Interpretation von den zivilisatorischen Abgründen, Ich und Über-Ich oder den so genannten Soft-Skills, ist ein munteres Spiel, dessen einzelne Ideen nicht immer neu sind (beispielsweise den Spiegel so zu halten, dass der Kopf des Gegenübers auf dem eigenen Torso zu ruhen scheint - das kennen wir seit "Performance"), aber durchweg unterhalten.Termine
Infos Weitere Vorstellungen des Stücks mit Live-Musik (90 Minuten, keine Pause) sind vom 10. bis 12. Januar, jeweils 20 Uhr im FFT Juta, Kasernenstraße 6.