Düsseldorf - Kom(m)ödchen Thomas Freitag: Noch Licht am Ende des Eurotunnels

Thomas Freitag überzeugte im Kom(m)ödchen mit „Europa, der Kreisverkehr und ein Todesfall“.

Düsseldorf. Fangen wir mal mit dem Fazit an: Europa ist eine gute Sache, aber man hätte sie nicht mit anderen Ländern machen dürfen. Meint nicht nur Rübenbauer („Name, nicht Beruf!“). Das, vielmehr den, kauft man Thomas Freitag sofort ab.

Das Schwergewicht des deutschen Kabaretts gibt den feisten verunfallten, von der Macht-Politik fallen gelassenen, Euro-Bürokraten in seinem neuen Solo-Programm „Europa, der Kreisverkehr und ein Todesfall“. Premiere mit Heimspiel im Ko(m)ödchen als eine Figur mit Format: Business-Anzug, blütenweißes Hemd, diagonal gestreifte Krawatte.

Rübenbauer weiht als Eurokrat und sich selbst verleugnender Verlierer Kreisverkehre in Europa ein, als ginge es nicht um Verkehrs-, sondern um Weltpolitik. Aber auch für den Rest der Menschheit taugt der Kreisverkehr als Symbol für den Circle of Life: Wie fährt man rein, wie kommt man wieder raus? Auch aus einem Kreis in Süddeutschland, der Freitag Raum gibt, ein paar Runden sein parodierendes Talent auszufahren, wie einst als Stimme von Strauss: Witz, Politik und Leberkas. Oder Peter Scholl-Latour. Doch den nuschelnden Auslandskorrespondenten haben wohl nur noch die Älteren auf dem Schirm.

Ein temporeicher Abend auf hohem Niveau, der in der zweiten Hälfte noch zulegt. Doch das Thema ist auch tückisch. Europapolitik an sich ist schon viel zu oft Realsatire. Da können Witze darüber schon mal langweilen, manchmal sogar anstrengen, wenn Kabarett zu programmierter Unterweisung wird, zu viele kreisende Gedanken leicht schwindelig machen. Auch das Publikum. Das muss sich schon sehr auf den Verkehr konzentrieren im kabarettistischem Kreisverkehr, wenn es alles mitbekommen will.

Okay, Europa ist mehr als Champions League und Song-Contest, aus dem man sich inmitten des Wort-Feuerwerks zum Luft holen „Ein bisschen Frieden“ von Nicole oder ein paar Takte „Satellite“ von lovely Lena gewünscht hätte. Aber das kostet sicher Gebühren, für die es wohl kaum EU-Zuschüsse gibt.

Woran erinnert man sich noch, neben Rübenbauer? Oder seinen entschleunigten niederländischen Kollegen, der körperlich Straßenschwellen darstellen kann? An den evangelischen Selbstmord-Attentäter mit dem Sprengstoffgürtel aus Birkenstock-Sandalen mit stinkenden Socken als Munition? Sicher an Zeus, der „Europa flachgelegt hat.“ Sonst hieße der Zusammenschluss der Länder heute womöglich „Vanessa“.

Thomas Freitag als Zeus ist prächtig. Der Gott der Götter hätte da sogar eine Lösung für weitere Zahlungen an Griechenland. Die Deutschen haben schließlich lange genug beim Griechen nach einer Zeus-Platte ein Verdauungsschnäpschen gratis genossen. Warum also jetzt nicht „40 Jahre Ouzo aufs Haus“ zurückzahlen? Die dem Premierenpublikum gereichten Kostpröbchen könnten da ein erster Anfang sein.

Freitag hält über zwei Stunden mit Bravour die Spur im Kreisverkehr über viele, viele intelligente Text-Runden von Autor Dietmar Jacobs. Die würde man gerne mal nachlesen. Gut, dass es noch solche Schreiber gibt, die ihr Hirn nicht durch Energiesparbirnen nach Euronorm ersetzen. So lange ist noch Licht am Ende des Eurotunnels.