Viel Tamtam um Tippsen-Träume

Am Schauspielhaus hatte Franz Wittenbrinks Lieder-Collage „Sekretärinnen“ unter der Regie von Michael Wallner Premiere.

Foto: Sebastian Hoppe

Düsseldorf. Sehnsüchte nach der perfekten Liebesbeziehung und anderen vom gewohnten Alltag abweichenden Lebensverläufen sind menschlich. Auch adrett gekleidete weibliche Bürokräfte träumen zuweilen vom großen Glück. Ihnen widmete der Musiker und Theatermann Franz Wittenbrink unter dem Titel „Sekretärinnen“ eine Collage mit bekannten Liedern und Schlagern. Das Stück für singende Schauspielerinnen hatte nun in einer Inszenierung von Michael Wallner Premiere am Schauspielhaus.

„Ein Liederabend“ lautet der Untertitel. Und in der Tat besteht das Ganze aus einer Aneinanderreihung von Songs unterschiedlicher Genres — vom Volkslied bis zum Rap. Begleitet werden die Schauspieler von Klavier (Andreas Hirschmann) und Gitarre (Sebastian Dörries).

Eine Handlung gibt es so gut wie nicht. Allenfalls das sporadische Auftauchen eines betriebseigenen Postboten in blaugrauem Kittel (Matthias Fuhrmeister) lässt einen Hauch von Szenischem über die Bühne wehen, vor allem dann, wenn der von den Damen kaum beachtete Kurier plötzlich zu einer Art George Clooney im Frack mutiert und zum Helden der Sekretärinnen-Träume aufsteigt. Aber das ist nur Wunschbild und vorübergehende Vision. Denn ganz zum Schluss steckt der Bote wieder im Arbeitskittel. Ihn reißt er sich jedoch spontan vom Leib und schmettert einen italienischen Song voller Leidenschaft.

Das alles soll wahrscheinlich witzig sein, reizt aber nur selten zum Schmunzeln. Altmodische Schreibmaschinen und Telefone und tantenhafte Outfits bedienen ein Sekretärinnen-Klischee vergangener Tage. Die Liebessongs werden meist mit satirischer Überzeichnung vorgetragen, was sie nicht interessanter macht. Zu Gehör kommt mancher Hit der Hildegard Knef wie das Walzerlied „Für mich soll’s rote Rosen regnen.“ Nun besitzen solche Songs dann den größten Reiz, wenn sie schön und professionell gesungen werden. Doch mit Belcanto konnten die Schauspieler gerade nicht dienen. Sie mühten sich zwar redlich, doch für ein Fest für die Ohren reichte es nicht.

Ein Musikereignis will dieser Liederabend womöglich auch gar nicht sein. Da er aber auch kein großer theatralischer Knüller ist, fragt es sich, was noch übrig bleibt. Es fällt jedenfalls auf, dass gute Schauspieler hier hauptsächlich das tun müssen, was sie am wenigsten gut können: singen. Kein Wunder, dass der Abend an den Stellen an Größe gewinnt, wo gesprochen wird, etwa im melodramatisch rezitierten Melancholie-Song „Illusionen“. Da wird kurzzeitig aus dem Vollem geschöpft und nicht der Mangel verwaltet. Überhaupt helfen darstellerische Einzelleistungen über manche Länge hinweg. Susanne Tremper punktet mit feinem Humor, während Manuela Alphons durch ihre starke Bühnenpersönlichkeit eine immer scharfe Allzweckwaffe ist.

Michael Wallners Personenregie wirkt etwas blass. Über konventionelle Gesten geht sie kaum hinaus. Da müssen die Schauspieler schon von selber wirken. Und das gelingt ihnen größtenteils überzeugend. Viele im Publikum zeigen sich angetan von dem Spiel. So gibt es beim Schlussapplaus Bravos für die Darsteller und nur Höflichkeitsapplaus fürs Regieteam. 1 ½ Stunden, keine Pause.