Vorschau auf das Düsseldorf-Festival Der Segen der Mundpropaganda

Düsseldorf · Das Düsseldorf-Festival setzt auf das wilde Zusammentreffen verschiedener Ausdrucksformen. Und es kommt zu einem Wiedersehen mit beliebten Künstlern.

Szene aus „From England with Love“ des israelischen Choreografen Hofesh Schechter.

Foto: Düsseldorf Festival/Todd MacDonald

Der Sommer hat noch gar nicht so richtig begonnen, da wirft das Düsseldorf-Festival im September schon wieder seine Schatten voraus. Das neue Programm ist fertig. Wie in jedem Jahr haben es Christiane Oxenfort und Andreas Dahmen, die Gründer und Leiter des Festivals, mit viel Herzblut und Emotionen zusammengestellt. Karten zu den Veranstaltungen können ab sofort gebucht werden.

Im Vorfeld zeichnete sich bereits ab, dass viele Stammgäste ihre Favoriten fest im Blick hatten, darunter so populäre Wiederkehrer wie den israelischen Choreografen Hofesh Schechter mit seiner Nachwuchs-Kompagnie Schechter II. Deren Show „From England with Love“ bietet Einblicke in die Seele eines komplizierten Landes (Theaterzelt, 17./18. September). Die Truppe ist dem Festival durch eine jahrelange Kooperation verbunden. Solche Partnerschaften seien wichtig, auch fürs eigene Renommee, betont Christiane Oxenfort. Der Zustrom zum Schechter-Ensemble sei dank Mundpropaganda stetig gewachsen.

Das wünscht sie sich auch für die Kompagnie May B – Cie. Maguy Marin aus Frankreich. Skurriles Tanztheater, das ein wenig an Pina Bausch erinnert. Allein schon der Trailer, der auf der Festival-Homepage abrufbar ist, fasziniert. Schwankende Gestalten schälen sich auf einem mit Mehl bestäubten Boden aus dem Nichts. Bezaubernde Wiedergänger, die keine Angst einflößen, begleitet von Klängen von Franz Schubert und Gavin Bryars. Das Stück stammt von 1981 und wurde vor wenigen Jahren mit großem Erfolg wieder aufgenommen (Theaterzelt, 24./25. September).

In dieser und anderen Produktionen verdeutlicht sich eine Strömung. Klassische Kompositionen verknüpfen Künstler und Künstlerinnen zunehmend mit Hip-Hop und Klängen der jungen Wilden. Oxenfort und Dahmen, beide studierte Musiker, kommt das sehr entgegen. „Bei uns ist Musik kein schmückendes Beiwerk, sondern klare Dramaturgie“, sagen sie. Auch der hochgeschätzte Newcomer People Watching aus Montreal mischt in „Play Dead“ die Genres und nimmt für sein akrobatisches Spektakel Anleihen bei der Oper (Theaterzelt, 13./14. September). Ein Markenzeichen des Festivals sind Künstler, die sich nicht festnageln lassen, die nach eigenem Gusto losmarschieren und mit vielerlei Ausdrucksformen fesselnde Geschichten erzählen.

Kirchen waren einmal die Keimzelle des „Altstadtherbstes“

Kirchen waren einmal die Keimzelle des damaligen „Altstadtherbstes“. Bis heute sind sie Spielstätten, etwa für das Ensemble Continuum. „Die Musiker machen kleine Werke groß und große klein“, erläutert Oxenfort. In der Neanderkirche werden bei „Trans-Script“ Orgelwerke von Bach mit überraschenden Klangfarben auf mehrere Instrumente transformiert (19. September). Umgekehrt verschmälert sich bei der „Markus-Passion nach Bach“ in der Johanneskirche das Werk und wird durch zeitgenössische Interludien ergänzt (27. September).

Die weiteste Anreise zum Festival hat aus Australien die Gruppe Gravity & Other Myths mit „The Mirror“ (Theaterzelt, 19.–21. September). Andere Teilnehmer kommen aus Kanada, England, Frankreich, der Schweiz – und der Ukraine, was den Veranstaltern besonders viel bedeutet. Die Sängerin, Pianistin und Komponistin Ganna Gryniva gastiert mit „Kupala“ im Skydeck im Sign (17./18. September), D-Jane Joy Evgeniya ist Star des Safe-Kollektivs (Ruby Luna Lobby, 20. September). Bei der Berliner Ethno-Jazzband Leléka belebt Sängerin Viktoria Leléka traditionelle ukrainische Volkslieder mit neuen Rhythmen (Bundesbank, 25.September). Der traditionelle Hörabend von Redakteur Wolfram Goertz in der Neanderkirche hat das schillernde Motto „Nah am Wasser gebaut“ (13./14. September).

Das Glanzlicht des Programms ist die Deutschland-Premiere „11 000 Saiten“ des Klangforums Wien. 50 Pianos vereinen sich in Halle 7A der Messe zu einer monumentalen Konzertinstallation. Der unfassbare Aufwand dieser Produktion sei mit anderen Veranstaltungen nicht zu vergleichen, heißt es; man sei froh um die Unterstützung von Düsseldorf Kongress und Messe. Auch auf Oberbürgermeister Stephan Keller, Mitglied des Kuratoriums, sei Verlass beim Öffnen so mancher Tür: „Wenn ein Stadtoberhaupt formuliert, dass ihm dieses Festival wichtig ist, dann hat das ein Gewicht.“

Um den Düsseldorfern beizeiten Appetit zu machen, haben Oxenfort und Dahmen einen Film gedreht. Das Video ist auf dem Youtube-Kanal des Festivals zu sehen. Dafür besuchten die Intendanten sämtliche Spielstätten, teilweise begleitet von Künstlern, die dort auftreten werden.