„Rita will es wissen“ Wenn die Friseuse auf den Professor trifft

Das Zweipersonenstück „Rita will es wissen“ lebt von einer ungleichen Konstellation — und zwei blendend aufgelegten Schauspielern.

Foto: Dennis Häntzschel

Düsseldorf. Rita trägt gerne knallbunte Miniröcke und pinke Plüschtops, hat ein Faible für seichte Unterhaltung und redet ohne Punkt und Komma. Mit derbem Berliner-Draufgänger-Akzent. Fürs gerade abgelaufene Dschungelcamp oder andere Vorführ-Formate im Fernsehen wäre die so wortgewandte wie naive Friseuse ein absoluter Glücksgriff.

Doch Rita zieht es nicht ins Rampenlicht, sondern an die Universität. Dort kommt es zur Begegnung mit Frank, einem Dozenten für englische Literatur, der nebenbei eher unmotiviert einen Erwachsen-Bildungskurs leitet. Einmal wöchentlich prallt das ungleiche Paar nun aufeinander, um Rita auf ihr Literaturexamen vorzubereiten. Deren literarischer Horizont umfasste bisher nur kitschige Liebesgedichte und Utta Danella-Schmonzetten. Shakespeare, Tschechow oder Ibsen behagen der quirligen Friseuse anfangs gar nicht: „Können wir nicht irgendwas machen, das fetzt?“

Von der Oper „Aida“ hat sie schon mal was gehört, spricht den Namen aber komplett falsch aus. „Das ist doch von Ferdi oder? Ick dachte immer, dat is ne Gewerkschaftsveranstaltung.“ Doch Rita bleibt hartnäckig, wühlt sich unbeirrt durch die Literaturgeschichte und wirbelt nebenbei die verstaubten Ansichten ihres Lehrers kräftig durcheinander. Der schließt seine Schülerin immer mehr ins Herz und lädt sie ins Theater ein. Typisch Rita: Shakespeares Macbeth verwechselt sie konsequent mit Big Mac.

Mit „Rita will es wissen“ präsentiert TV-Star Hugo Egon Balder seine erste Regiearbeit am Theater an der Kö, wo er 2014 im erfolgreichen Boulevard-Stück „Aufguss“ selbst auf der Bühne stand. Damals an seiner Seite: Jeanette Biedermann. Die 36-jährige Berlinerin, Ende der 90er erst als Sängerin und später durch die Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ zum Teenie-Star avanciert, kehrt nun als Rita zurück an den Rhein und überzeugt mit natürlichem Charme, enormer Energie und viel komödiantischem Talent. Theaterleiter René Heinersdorff gibt den frustriert-zynischen Professor ähnlich hinreißend und glaubwürdig, so dass das Zweipersonenstück zu einem kurzweiligen Vergnügen wird.

Das liegt neben der überzeugenden schauspielerischen Leistung auch am Aufbau des Stücks: Nach komischem Auftakt mit viel Wortwitz, Klamauk und temporeichen Ping-Pong-Dialogen schlägt die eineinhalbstündige Inszenierung im zweiten Teil ernstere Töne an. Rita kommt ins Grübeln, weil Familie und Freund ihre Bildungsoffensive überhaupt nicht gut finden und sie zunehmend fremdelt mit ihrem bisherigen Leben. Frank zweifelt generell an allem, vor allem an sich selbst, und schaut immer häufiger zu tief ins Glas.

Die Boulevard-Komödie hat durchaus eine Botschaft. Dass jeder ein Recht auf Veränderung hat. Themen wie Selbstbestimmung, Emanzipation und Identitätssuche schwingen gerade im zweiten Teil immer deutlicher mit. In Schwermütigkeit driftet „Educating Rita“, wie das 1980 in London uraufgeführte Stück im Original heißt, aber bis zum überraschenden Ende nicht ab.