Handlungskonzept Wohnen in Düsseldorf Langes Warten auf günstiges Wohnen
Drei Jahre nach Einführung des Handlungskonzepts Wohnen steht noch kein Haus, bei dem es angewendet wird. Das soll in den nächsten Jahren bei 10 000 Wohnungen der Fall sein. Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt trotzdem weiter.
Düsseldorf. Die Mieten steigen, die Zahl der Sozialwohnungen sinkt. Seit Jahren setzt sich dieser Trend fort. Auch deshalb haben Stadt und Politik im Sommer 2013 das Handlungskonzept Wohnen (HWK) eingeführt. Kern ist eine Regel, die Investoren vorschreibt, dass sie bei Neubauprojekten immer auch eine bestimmte Zahl von Wohnungen im öffentlich geförderten und im preisgedämpften Segment realisieren müssen (siehe Kasten). Ziel: vor allem in den mittleren und unteren Preisniveaus soll ein besseres und damit insgesamt ausgewogeneres Angebot von Miet- sowie Sozialwohnungen geschaffen werden. Die WZ hat nach drei Jahren eine erste Bilanz gezogen:
Fertiggestellt werden konnte nach Auskunft der Stadt bislang noch kein Projekt. Für den gesamten Prozess von Planung über Genehmigung bis Bau seien die vergangenen drei Jahre noch zu wenig Zeit.
Immerhin liegen bislang sechs unterschriebene, städtebauliche Verträge mit Regelungen zu einer Quotierung vor (bald bezugsfertig etwa „Living Circle“, ehemals Thyssen-Trade-Center). Mit ihnen werden insgesamt neun Prozent öffentlich geförderter und 15 Prozent preisgedämpfter Wohnungsbau realisiert. Michael Frisch, Pressesprecher der Stadt, erklärt, warum diese Werte unterhalb der verabschiedeten Quotierungsregel liegen: „Beim überwiegenden Teil dieser Projekte war die Quotierungsregelung nicht verbindlich anzuwenden, da die Projekte bereits vor dem Ratsbeschluss zum Handlungskonzept begonnen hatten.“
Das gilt auch für 15 laufende Bebauungsplanverfahren, die vor dem Ratsbeschluss begannen (etwa für Glasmacherviertel und Moskauer Straße). Dennoch konnte die Stadt bei rund 4600 Wohnungen einen Anteil von 13 Prozent öffentlich gefördertem und 14 Prozent preisgedämpftem Wohnungsbau mit den Investoren verhandeln.
Nach Einführung des Wohnkonzeptes haben 24 weitere Bebauungsplanverfahren für insgesamt 5000 Wohnungen begonnen (etwa Mercedesstraße und Worringer Straße). Hier soll die Quote verbindlich zur Anwendung kommen.
Die Antwort lautet nein. Auf der einen Seite sind mit Hilfe der Quote zwar rund 2000 Sozialwohnungen auf den Weg gebracht worden, die in den nächsten Jahren realisiert werden können. Auf der anderen Seite schrumpft allerdings die Zahl der öffentlich geförderten Mietwohnungen weiter. Zuletzt von noch rund 60 000 im Jahr 1990 bis auf 18 300 im Jahr 2014. Laut Thomas Nowatius, Leiter des Amtes für Wohnungswesen, können die neu auf den Weg gebrachten Sozialwohnungen diesen Trend jedoch noch nicht umdrehen. „Zu viele Wohnungen fallen weiter aus der Bindung.“ Immerhin kann der Abwärtstrend gebremst werden.
Die Antwort lautet auch drei Jahre nach Einführung des Handlungskonzeptes Wohnen ja. 18 300 Sozialwohnungen machen nur sechs Prozent des gesamten Wohnungsbestandes in Düsseldorf aus. Rund 50 Prozent der Düsseldorfer Haushalte haben aber potenziell Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Das Kernproblem: Nur rund drei Prozent der Sozialwohnungen werden pro Jahr frei, also 550 Wohnungen. Das Amt für Wohnungswesen stellt allerdings Jahr für Jahr rund 5400 Wohnberechtigungsscheine an Wohnungssuchende aus.
Die Städtische Wohnungsgesellschaft Düsseldorf (SWD) verfolgt einen neuen Ansatz. Nur bei 1200 Wohnungen trat sie bislang als Eigentümer auf, bei rund 7000 städtischen Immobilien als Pächter. Letztgenannte sind in diesem Sommer in eine eigene GmbH überführt worden. „Jetzt haben wir viel mehr Möglichkeiten“, sagt Vorstandsvorsitzender Jürgen Heddergott. Über die nun mögliche Beleihung dieser Gebäude sollen Mittel zum Bau von 200 neuen Wohnungen pro Jahr generiert werden, 60 Prozent als öffentlich geförderter Wohnraum. Bislang hatte die SWD nur rund 20 neue Wohnungen pro Jahr gebaut. Zudem will sie rund 300 Wohnungen pro Jahr mit Hilfe der neugewonnenen Mittel modernisieren, wovon wiederum 100 zu Sozialwohnungen werden sollen. Die vorgesehene jährliche Summe liegt bei 100 Millionen Euro. „Das ist zumindest unser Ziel“, sagt Heddergott.
Für die Leiterin des Planungsamtes, Ruth Orzessek-Kruppa, ist das Wohnkonzept ein Erfolg. Allerdings einer, der erst allmählich sichtbar wird. „Bebauungspläne brauchen einfach ihre Zeit.“ Auch Kritik von den Investoren sei nicht mehr zu hören, Zurückhaltung nicht spürbar: „Der Nachfragedruck ist sehr hoch.“
Pandion sammelt mit dem Projekt für 140 Wohnungen auf dem Areal des Franziskanerklosters erste Erfahrungen mit dem Handlungskonzept Wohnen in Düsseldorf. Sprecherin Anja Ludwig: „Wenn 40 Prozent eines Projekts für Mietwohnungsbau vorgehalten werden — preisgedämpft oder gefördert — ist das für einen Entwickler natürlich ein beachtlicher Teil, denn sein Geschäft ist der Verkauf von Eigentumswohnungen. Das bedeutet im Ergebnis mehr Aufwand und weniger Umsatz.“ Gesellschaftspolitisch halte sie diesen Ansatz allerdings für sinnvoll. Und Düsseldorf bleibe in jedem Fall ein attraktiver Standort, zumal es vergleichbare Konzepte mittlerweile in fast allen größeren Städten gebe.