DÜsseldorf Studentennetzwerk: Studentenleben zwischen Bier und Degen
Fünf Studentenverbindungen gibt es in Düsseldorf. Wir stellen eine katholische Verbindung und eine schlagende Burschenschaft vor.
Düsseldorf. Eine traditionelle Universitätsstadt wie Tübingen oder Heidelberg ist Düsseldorf keineswegs. Die Hochschule in Heidelberg wurde 1386 gegründet, die Heinrich-Heine-Universität in ihrer heutigen Form erst 1965. Das Spektrum der Studentenverbindungen ist da naturgemäß nicht so vielfältig. Trotzdem gibt es auch hier welche. Den Vorwurf, sie seien konservativ, reaktionär oder gar rechtsradikal, haben sie alle schon gehört. Die WZ hat zwei unterschiedliche Verbindungen besucht.
Die K.D.St.V. Burgundia Leipzig zu Düsseldorf hat sich, der Name lässt es vermuten, ursprünglich in Leipzig gegründet und wurde später auch in Düsseldorf etabliert. Sie ist eine katholische Verbindung und demnach nicht schlagend. Das bedeutet: keine Fechtkämpfe.
Das gemeinsame Wohnen unter Männern im Verbindungshaus an der Chlodwigstraße, die Kneipen im eigenen Kneipsaal, die das Semester ein- und ausläuten, Umgangsformen verinnerlichen und Vorträgen lauschen — all das gehört zum Verbindungsleben. Auch, die Farben der Burgundia bei gewissen Anlässen zu tragen, Orange, Weiß und Blau. Als Band, quer über die Brust und an der Kappe.
Matthias Peters ist der Fuxmajor der Verbindung, er kümmert sich um die Füxe, die Anwärter auf eine Mitgliedschaft. Wer den Aufnahmetest besteht, geht einen Bund fürs Leben ein. „Ich bin über das günstige Zimmer zu der Verbindung gekommen, als ich das Studium begonnen habe“, erklärt Peters. Die älteren Mitglieder, die „alten Herren“ unterstützen die jüngeren. So finanzieren sich auch die günstigen Zimmer.
Unter den Kommilitonen gebe es immer wieder solche, die die Verbindungsmitglieder für rechtsradikal hielten. „Die wollen auch gar nicht eines Besseren belehrt werden“, sagt Matthias. Traditionen seien für sie zwar erhaltenswert. „Die guten geben Halt, stärken die Gemeinschaft und schulen den Einzelnen. Aber da muss man überhaupt nicht rechts für sein“, sagt Matthias Peters. Er betont, dass er in einer Studentenverbindung, keiner Burschenschaft ist. Mit der Burschenschaft Rhenania Salingia bestehe ein Grußverbot.
Die sitzt in ihrer Villa aus der Gründerzeit an der Reichsstraße. Sie ist die einzige schlagende Verbindung in Düsseldorf und Mitglied in dem Dachverband Deutsche Burschenschaft. Sechs „Bundesbrüder“ leben derzeit hier. Christian, Max und Robin sind bereits Burschen, haben die Aufnahmeprüfung seinerzeit bestanden. Jetzt sind sie für die Ausbildung der Jüngeren verantwortlich.
Die Mitglieder kochen und essen zusammen, jede Woche gibt es feste Termine oder Veranstaltungen und natürlich die großen Kneipen zum Anfang und zum Ende des Semesters. Die drei Burschen sagen, sie sind stolz darauf, Mitglieder zu sein, wollen aber nicht mit vollem Namen genannt oder im Bild gezeigt werden. Nicht bei jedem, und auch nicht bei jedem Arbeitgeber, komme es gut an, wenn man Burschenschaftler ist.
Christian ist 28 Jahre alt und macht derzeit sein Staatsexamen in Jura. „Als ich in Düsseldorf angefangen habe zu studieren, gab es für mich nur eine Verbindung, in die ich hätte eintreten können“, sagt er. Denn er wollte in eine schlagende Verbindung, und katholisch sei er auch nicht.
Reden halten, Umgangsformen, Meinungsbildung, all das werde den Füxen hier mitgegeben. Bildung stehe im Mittelpunkt, die deutsche Geschichte etwa, kürzlich sei auch ein „alter Herr“ mit einem Vortrag zum „Gründer-Gen“ zu Besuch gewesen.
Streitbarere Redner betraten hier schon das Podium: Der verurteilte Holocaust-Leugner Horst Mahler 1999, der Redakteur der Blauen Narzisse aus dem Dunstkreis der Pegida-Bewegung Felix Menzel 2012 und 2014 Akif Pirincci, Redner bei rechtspopulistischen Veranstaltungen. Einige Mitglieder sind in der AfD-Hochschulgruppe vertreten. „Die Studenten werden immer jünger, die Schule der Nation durch Bundeswehr und Zivildienst gibt es auch nicht mehr“, sagt Christian. Das wolle man hier auffangen.
Robin fasziniert die Tradition, in der seine Gruppe steht. Die Studenten der Revolution von 1848/49 seien ideologische Vorbilder. Und die hätten schließlich für grundlegend demokratische Werte gekämpft. Genau so, wie für den Nationalstaatsgedanken. „Bei den großen Kneipen dimmen wir das Licht, zünden Kerzen an und singen altes, studentisches Liedgut. Das ist eine ganz besondere Stimmung“, findet Max.
Matthias Peters, K.D.St.V. Burgundia Leipzig zu Düsseldorf
Die Fechtkämpfe mit anderen Verbindungen seien ebenfalls lehrreich im Hinblick auf die Standhaftigkeit. „Man darf nicht ausweichen und muss sich dem Gegner stellen“, sagt Robin. Auf seinem Band über der Brust sind dunkle Blutflecken zu sehen. Zwei Kontrahenten stehen sich dabei sehr dicht gegenüber, auf Kommando lassen sie in sehr rhythmischer, aber statischer Weise den Degen auf und ab fliegen. Bei der so genannten Mensur müssen die Klingen messerscharf sein, das gibt im Zweifel glattere Wunden.
Der Politikwissenschaftler Dietrich Heither kritisiert: „Nach außen geben sich natürlich alle Burschenschaften weltoffen und liberal. Diese männerbündische Szene ist aber von völkischem Gedankengut durchzogen.“ In ihr vereine sich alt- und neurechtes Gedankengut. Insbesondere im Dachverband Deutsche Burschenschaft, dem sich seit 1972 auch österreichische Verbindungen anschließen können, werde die Grenze zum Rechtsradikalismus regelmäßig überschritten, der Verfassungsschutz beobachte manche Gruppen.
Auch Lucas Eriksson vom Portal „Düsseldorf Rechtsaußen“ sagt: „Die Rhenania Salingia stellt sich durch ihre Verbundenheit in der Szene und ihre Referenten selbst ein Zeugnis aus.“ Auf dem Campus sei sie aber immer unauffälliger geworden. Eriksson vermutet, dass es immer schwerer wird, junge Leute für das starre Konstrukt des Verbindungslebens zu gewinnen. „Wer rechte Gesinnung sucht, kann das seit Pegida unverbindlicher finden.“ Verbindungen wie die Burgundia Leipzig seien höchstens konservativ, nicht rechts.
Christian kann die Vorbehalte gegen seine Burschenschaft nicht nachvollziehen. „Wir sind laut Satzung der Toleranz verpflichtet und zu unserem Ehrbegriff gehört, sich in den anderen hineinversetzen zu können. Allein das ist unvereinbar mit Rassegedanken.“