Deutsche Rollhockeymeisterschaft Mit Teamgeist zum Meistertitel

Düsseldorf · Torwart Finn Broistedt gewinnt mit der U20 des TuS Nord die Deutsche Meisterschaft im Rollhockey.

  Finn Broistedt ist Torwart der Meistermannschaft des TuS.

Finn Broistedt ist Torwart der Meistermannschaft des TuS.

Foto: RP/Ralph-Derek Schröder

Finn Broistedt ist trotz seiner Jugend einer, der während des Spiels extrem in sich ruht. Das liegt einerseits daran, dass er in seiner Funktion als Rollhockey-Torhüter hinter der Abwehrreihe Gelassenheit ausstrahlen muss, andererseits ist er als Spielführer der U20 Vorbild, wenn es darum geht, kühlen Kopf zu bewahren. Vor wenigen Tagen aber ließ auch der 18-Jähige seinen Emotionen freien Lauf. In Chemnitz spielte sich das Team des TuS Nord, das sich als NRW-Landesmeister für die Endrunde qualifiziert hatte, zum Deutschen Meistertitel.

Das Abenteuer Chemnitz fing entspannt an. Nach der Ankunft am Freitag schaute sich der Düsseldorfer Rollhocky-Nachwuchs zunächst das EM-Eröffnungsspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft an. „Das war dann schon mal ein kleines Teambuilding-Event“, sagt Broistedt. Der Sieg der Kicker motivierte. Zunächst wurde am Samstag der starke RSC Cronenberg mit 7:1 in die Schranken gewiesen. „Da haben wir dann schon mal gezeigt, dass mit uns zu rechnen ist.“ Es folgte ein weniger spektakuläres, aber hochverdientes 2:0 gegen Iserlohn, um am Sonntag im Halbfinale den größten Brocken aus dem Weg zu räumen. Beim 6:5 gegen die IGR Remscheid lösten die Unterrather das Ticket fürs Finale. „Einige Remscheider Spieler sind bereits in der Bundesligamannschaft im Einsatz. Die trainieren alle gemeinsam drei bis vier Mal in der Woche. Die verstehen sich blind“, betont der Keeper. Im Finale traf der TuS erneut auf Cronenberg. Beim 6:2 gab es zu keiner Zeit Zweifel am Sieg der Düsseldorfer.

Größter Trumpf des neuen Meisters war der Teamgeist, der keine Geschlechtergrenzen kennt. Amelie Knebel, die bereits die komplette Spielzeit den U20-Kader verstärkte, Greta Weber und Jessica Volkenborn waren mehr als nur Lückenbüßerinnen im ansonsten rein männlichen TuS-Kader. „Wenn die Technik auf den Rollschuhen, mit Schläger und Ball ausreicht, können auch die jungen Frauen mit den körperlich stärkeren Jungs mithalten“, bestätigt Finn Broistedt. Und das tun sie. „Die Mädels werden beim TuS auf so hohem Niveau trainiert, dass sie diese Voraussetzungen mitbringen und im Team voll akzeptiert werden.“ Da hatten in Chemnitz auch die rein männlichen Mannschaften das Nachsehen.

In diesem Sommer wird sich das Team neu aufstellen müssen, da für einige die Zeit der Jugend endet. Entweder es geht für die Älteren unter ihnen hoch in die Bundesliga, ins zweite Team, das in der Regionalliga spielt, oder zu einem anderen Verein im Umland Düsseldorfs. Ans Aufhören werden die wenigsten nach dem Erfolg von Chemnitz denken. Zu ihnen gehört auch Finn Broistedt, der seit zehn Jahren Nordler ist und im Verein vor allem das Familiäre schätzt.

Der enge Zusammenhalt zahlt sich aus. In diesem Jahr errang die TuS-Jugend drei Landestitel. Auf Bundesebene setzte nicht nur die U20 ein Ausrufezeichen. Auch die U15 stand bei der Deutschen Meisterschaft ganz oben auf dem Siegerpodest. „Remscheid, Cronenberg und wir haben uns die Titel aufgeteilt“, berichtet Thomas Tolk, sportlicher Koordinator der Rollhockey-Abteilung und Trainer der U15. Die anderen Teams, etwa aus Chemnitz oder die Spielgemeinschaft Gera/Darmstadt, liefen den großen Drei in allen Altersklassen hinterher, die Titel waren für sie nahezu unerreichbar. Warum ist der Westen so stark? Warum ist der „Rest“ der Rollhockey-Szene keine wirkliche Konkurrenz? Tolk kennt die Antwort: „Den meisten der 60 Vereine in Deutschland fehlt der intensive kontinuierliche Spielbetrieb, den wir in NRW haben. Die Vereinsstrukturen sind nur in Cronenberg, Remscheid und Unterrath so, dass alle Altersgruppen vertreten sind, von der U20 runter bis zur Lauflerngruppe, in der die Vierjährigen erstmals auf Rollen stehen. Wir haben alle Mannschaften mit bis zu zwölf Spielern besetzt, während andere Klubs Spielgemeinschaften bilden müssen und womöglich nur zwei Jahrgänge besetzt haben. Unter diesen Umständen ist kein leistungsorientiertes Rollhockey möglich.“ Das gilt auch für Traditionsvereine wie die RESG Walsum aus Duisburg, die im Seniorenbereich noch eine wichtige Rolle spielt, deren Zukunft aber aufgrund der bröckelnden Basis vage ist.

Der Erfolg steht und fällt mit dem Engagement der Ehrenamtler, weiß Thomas Tolk. „Da sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben einen Pool von 20 bis 24 Leuten, die die knapp 90 Jugendlichen trainieren und betreuen. In anderen Vereinen hängt das ganze Paket manchmal an nicht mehr als zwei Personen.“ Zudem verfügen nur wenige Vereine über eine eigene Rollhockey-Halle. „Damit haben Cronenberg und wir eine ideale und in Deutschland einmalige räumliche Infrastruktur.“

Da bekanntlich Konkurrenz das Geschäft belebt, freut man sich beim TuS Nord zwar über die Erfolge der eigenen Teams, nicht aber über die allgemeine Entwicklung des Rollhockey-Sports in Deutschland.