Martin Schläpfer war die Belastung zu hoch
Im Gespräch mit der WZ sagt der Choreograf, warum er sich aus Düsseldorf größtenteils zurückzieht. Sein Nachfolger Remus Sucheana will mehr modernen Tanz zeigen.
Der aktuelle Spielplan trägt bereits seine Handschrift, derzeit bereitet er seine zweite Uraufführung für die große Bühne vor. Remus Sucheana ist, wie berichtet, der neue Chef des Ballett am Rhein und somit auch der Chef von Martin Schläpfer. Das kommt einem zunächst einmal komisch vor, angesichts der künstlerischen und natürlich-autoritären Präsenz, über die der preisgekrönte Künstler verfügt. Bereits 2016 hatte Schläpfer die Direktion an Sucheana abgegeben, im kommenden Jahr tritt er auch von dem Posten des Chefchoreografen zurück, wird Hausregisseur mit der Verpflichtung, pro Spielzeit mindestens eine Uraufführung für die Deutsche Oper am Rhein zu kreieren und zeitweise auch mit der Compagnie zu trainieren. Ansonsten ist er frei und kann mit anderen Häusern arbeiten oder sich schöpferische Pausen gönnen.
Derzeit studiert er mit dem Ballett Oldenburg das Violakonzert ein — und tastet sich sachte heran an die neue Struktur seines künstlerischen und privaten Daseins ab 2019. „Man wusste ja, dass ich schon länger nach Wegen suche, die Doppellast als Direktor und Chefchoreograf abzugeben. Jetzt gibt es eine Lösung. Anders wäre ich auch nicht geblieben.“
Mit Dü seldorf als Stadt habe die Entscheidung nichts zu tun. „Auch in Mainz gab es eine Zeit, da war ich es müde, die Gesamtverantwortung zu tragen.“
Schläpfer wird in zwei Jahren 60, auch das ist ihm ein wichtiger Grund, sich die Frage zu stellen, wie und wo er künftig leben und arbeiten will. Ob er vielleicht wieder schreibt. Texte über Tanz, zum Beispiel. Auch habe er überlegt, auf das Stuttgarter Ballett oder die Pariser Oper zuzugehen. Er stellt es sich reizvoll vor, für die Häuser zu arbeiten. „Ich habe jedoch Abstand davon genommen. Will mich auch nicht gleich wieder vollpacken und lieber warten, wer auf mich zukommt.“ Remus Sucheana, sein Nachfolger, arbeitet seit 20 Jahren mit Schläpfer, 18 Jahre davon als Tänzer. Er weiß, wie Schläpfer tickt, was gut ist, ihm jedoch nicht alles bedeutet, denn er will auch Dinge neu und anders machen. Etwa die Bühne für den modernen Tanz öffnen, in Ausnahmefällen auch für die Freie Szene. Ein klares Zeichen ist vor diesem Hintergrund die Premiere im April: drei Choreografien drei zeitgenössische Künstler, und nur ein Ballettstück ist darunter. Der israelische Starchoreograf Ohad Naharin und der Düsseldorfer Künstler Ben Riepe, der bildende Kunst, Tanz und Theater gern zu einer Performance zusammenschweißt, sind dem modernen Tanz verhaftet. Remus Sucheana vertritt das klassische Ballett. „Es wird der Compagnie guttun, sich mit neuen Bewegungssprachen vertraut zu machen“, ist Sucheana überzeugt.
Er fühlt sich in der neuen Rolle wohl, hat einen Teil der Aufgaben ja auch schon übernommen. Künstlerisch muss er sich seinen Ruf noch erarbeiten, und gerade deswegen ist es in seinen Augen kein Nachteil, dass bis auf weiteres Schläpfer als Künstler im Fokus bleibt. „Für Martin ist der Druck groß und die Erwartungen sind hoch. Ich hingegen kann in Ruhe arbeiten und meine Erfahrungen sammeln. Es ist jetzt ohnehin noch zu früh, um sagen zu können, dass aus mir ein guter Choreograf wird, nur weil ich ein guter Tänzer war.“
Der Compagnie will er hier und zu etwas mehr Leichtigkeit verhelfen, ansonsten weiß er, dass er für seine neuen Herausforderungen mit dem Ballett am Rhein die beste Arbeitsgrundlage hat.