Durchsuchungen Menschenhändler-Bande schickte Transsexuelle in Bordell-Netzwerk

Die Bundespolizei ist mit einer Großrazzia und Festnahmen gegen die Organisierte Kriminalität im Rotlichtmilieu vorgegangen. Im Fokus steht ein Bordell-Netzwerk mit Prostituierten aus Thailand.

Foto: Ole Spata

Düsseldorf. Die Bundespolizei hat im Zusammenhang mit ihrer groß angelegten Aktion gegen eine Bande im Rotlichtmilieu mehr als 100 Personen vorläufig festgenommen. Sieben Haftbefehle wurden vollstreckt, wie ein Sprecher der Bundespolizei am Mittwochvormittag in Siegen sagte. Unter Beteiligung der Spezialeinheit GSG 9 nahmen Polizisten die Hauptverdächtigen fest, eine 59-jährige thailändische Staatsangehörige und ihren 62-jährigen deutschen Lebensgefährten. Viele dieser Personen seien in den mehr als 60 durchsuchten Bordellen und Massagesalons angetroffen worden. In zahlreichen Fällen bestehe zumindest der Verdacht des illegalen Aufenthaltes.

Polizisten sind während einer Razzia vor einem Wohnhaus zu sehen.

Foto: Tino Plunert

Schwerpunkt der Aktion war Nordrhein-Westfalen mit 17 Durchsuchungen. Beamte kontrollierten in Löhne drei sowie in Düsseldorf und Porta Westfalica jeweils zwei Wohn- beziehungsweise Geschäftsräume. In Detmold, Bonn, Dortmund und Gelsenkirchen waren es jeweils ein Objekt. Bei den Bundesländern folgte auf NRW Hessen mit 10 Objekten. In Niedersachsen und Baden-Württemberg waren es je 9.

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Der mutmaßliche Menschenhändlerring soll von Siegen aus vor allem thailändische Transsexuelle in ein bundesweites Bordell-Netzwerk geschickt haben. Im Fokus der Kriminellen standen nach Erkenntnissen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main Transsexuelle, die mit hohen Verdienstmöglichkeiten als Prostituierte nach Deutschland gelockt worden seien. Die Betroffenen - auch Frauen - hätten dann zumeist in Wohnungsbordellen - beispielsweise in Gewerbegebieten oder auch im ländlichen Raum - gearbeitet, sagte ein Sprecher der Behörde. Die mutmaßlichen Täter hätten auf diese Weise ein spezielles Segment im Rotlichtmilieu besetzen wollen.

Der Bande, deren Kern aus 15 bis 20 Menschen mit deutscher und thailändischer Nationalität bestehen soll, wird Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung und Ausbeutung von Prostituierten vorgeworfen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Mittwochmorgen in Siegen.

Die Generalstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass die 59-jährige Hauptbeschuldigte mit Helfern in Thailand Prostituierte angeworben und mit erschlichenen Touristen-Visa ausgestattet hat. In Deutschland angekommen sollen die Angeworbenen zunächst überwiegend in drei Bordellen in Siegen der Prostitution nachgegangen sein, die seit 2006 von der 59-Jährigen und ihrem deutschen Lebensgefährten betrieben würden.

Die Einnahmen sollen von der Hauptbeschuldigten zunächst vollständig einbehalten worden sein - zur Begleichung der angeblichen Schleusungskosten von bis zu 36 000 Euro sowie für Miete und Verpflegung. „Nach einer gewissen Verweildauer in den Siegener Bordellbetrieben sollen die Prostituierten in einer Art Rotationsprinzip in andere Bordellbetriebe des Netzwerks im gesamten Bundesgebiet verbracht worden sein“, hieß es weiter. Auch später soll die Hauptbeschuldigte dann einen Großteil der Einnahmen der Prostituierten über die örtlichen Bordellbetreiber erhalten haben. „Das ist wie so eine Art Schneeballsystem“, sagte der Behördensprecher. Den Prostituierten seien bei einer Tätigkeit in Deutschland Gewinnversprechen gemacht worden, profitiert hätten dann aber vor allem die Drahtzieher. „Den Zweck hat man nicht verheimlicht, sie sind aber über die Konditionen getäuscht worden.“ Wie alt die Prostituierten sind, wollte eine Sprecherin der Bundespolizeidirektion Stuttgart zunächst nicht sagen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte die Großrazzia der Bundespolizei einen beispiellosen Schlag gegen „ein bundesweit verzweigtes Netzwerk“. „Viele hunderte Frauen und Männer waren der menschenverachtenden grenzenlosen Profitgier von Schleusern über Jahre und Landesgrenzen hinweg ausgeliefert“, teilte Seehofer mit.

Es handelt sich bei der Aktion um die größte Zugriffs- und Durchsuchungsmaßnahme seit Bestehen der Bundespolizei, teilte die Bundespolizei NRW am Mittwochmorgen über Twitter mit. Es sind etwa 1500 Beamten im Einsatz. Die Bundespolizisten sind in NRW unter anderem in Düsseldorf, Siegen, Bonn, Dortmund, Gelsenkirchen, Höhne und Porta Westfalica unterwegs. Das Verfahren liegt bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main. Bei den Festnahmen in Siegen sei auch die GSG 9 im Einsatz gewesen, weil nicht ausgeschlossen worden sei, dass Schusswaffen vorhanden waren, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Es habe aber keine Zwischenfälle gegeben: „Der Einsatz ist ruhig verlaufen.“

Der Razzia sind monatelange Ermittlungen vorausgegangen. Ausgangspunkt war ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Hanau in Hessen: Im Frühjahr 2017 sei dieses von der Eingreifreserve der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt/Main übernommen worden, berichtete Oberstaatsanwalt Alexander Badle. Die Ermittlungen nahmen dann einen immer größeren und bundesweiten Umfang an. dpa/red