Messe-Chef Wilfried Moog sollte eigentlich Bauer werden

Auf Umwegen zum Erfolg: Am Mittwoch wird der langjährige Technik-Chef der Messe verabschiedet. Er sollten elterliche Betriebe übernehmen.

Düsseldorf. Wilfried Moog hat sich nie in die erste Reihe gedrängt. Er überzeugte stets lieber mit Sachkenntnis als mit rhetorischen Kraftübungen. 20 Jahre war er der Technische Geschäftsführer der Messe, hat Investitionen von mehreren hundert Millionen Euro vorbereitet und abgewickelt. Wenn Moog am Mittwoch verabschiedet wird, hat er die nächsten Jahre maßgeblich vorbestimmt. Quasi zum Ausstand hat er der Messe ein Maßnahmenpaket geschnürt, das bis 2020 eine Erneuerung von zwölf der 19 Hallen bedeutet. Kostenpunkt: 500 Millionen Euro.

Bei solchen Zahlen wird Moog nicht schwindelig. Viel Erfahrung und gleich zwei Studiengänge auf Hochschulen haben ihn zum Bau-Ingenieur und Architekten gemacht.

Danach hatte es zunächst aber gar nicht ausgesehen. Moog kommt aus Weisel, einem kleinen Ort in der Nähe der Lorely. Die gesellschaftliche Ordnung dort war streng gefügt. „Es gab drei Klassen“, erinnert sich Moog, „oben die Bauern, in der Mitte die Gewerbetreibenden und unten die Arbeiter.“

Moogs Vater Albert gehörte in die mittlere Liga. Man hatte zwar eine Landwirtschaft, aber die lieferte nicht das Haupteinkommen. Die Familie hatte einen Dachdeckerbetrieb und eine Schiefergrube. Wilfried Moog war der Älteste und somit prädestinierter Nachfolger. Solchen Anspruch kannte er bereits. Erinnerungsschwer war er die ersten vier Jahre seines Lebens bei seinem Zweitnamen Erwin gerufen worden. So hieß der Bruder der Mutter, der erst spät aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehren und früh sterben sollte. Auch auf mütterlicher Seite sollte er Nachfolger sein und dort einen großen Bauernhof führen.

Das alles wollte der junge Wilfried nicht. Er absolvierte eine Schneiderlehre und die Berufsaufbauschule, die zum Studium an der Fachhochschule Koblenz berechtigte. Was dann folgte, ist heute für viele junge Menschen kaum vorstellbar. „Mein Vater war zornig, dass ich nicht im elterlichen Betrieb anpacken wollte.“ Wer zur Hochschule ging, galt als bequem. Da hieß es, erinnert sich Moog: „Wem schlägt dieser Faulenzer eigentlich nach? Wir haben die Hände voller Arbeit, und der macht sich weg.“

Es kam der Bruch. Zwei Jahre redete der Vater nicht mit dem Sohn. Der spielte Trompete in einer Kapelle, um sich das Studium zu finanzieren, die Mutter steckte ihm mal etwas zu. Die Wende brachte ein Angestellter der Grube. „Ich baute für diesen Steiger ein Haus und der sagte meinem Vater, er solle sich mit mir vertragen.“ Das geschah Weihnachten. Die Mutter überredete ihn, nach Hause zu kommen — und dort stand unter einer Decke eine moderne Zeichenmaschine. „Mein Vater hat sich bei mir entschuldigt — und wir sind uns weinend um den Hals gefallen.“

Dann macht Wilfried Moog Karriere, steuert mit 25 Jahren die Statik der Philipshalle bei, studiert erneut, wird Leiter des Düsseldorfer Bauaufsichtsamtes und wechselt 1991 auf den Chefsessel der Messe. Mit seiner Frau Doris hat er drei Kinder. Und natürlich legt sich der „Faulenzer“ nun nicht auf die faule Haut. Er will wieder Häuser entwerfen. Nicht am Reißbrett, sondern am PC.