Düsseldorf-Hassels Mieterhöhung nach Modernisierung: Die Angst und Wut von Hassels-Nord

Viele Menschen kamen zum Treffen des Mietervereins. Sie alle sollen mehr Miete zahlen — und viele beklagen Baumängel.

Düsseldorf. Olga Kornelius ist verzweifelt — und sie ist nicht allein. Das hat sich am Freitag bei der Sprechstunde des Mietervereins an der Potsdamer Straße gezeigt. Olga Kornelius wohnt mit ihrem Sohn auf 70 Quadratmetern in dem Viertel. Bisher hat sie 675 Euro Miete gezahlt. Jetzt will der Vermieter nach der Sanierung plötzlich 270 Euro mehr im Monat — und hat eine Frist bis zum 1. Mai gesetzt, um die Erhöhung zu akzeptieren (die WZ berichtete). Die Frau bezieht Hartz IV, ihr Sohn ist in der Lehre. „Das Jobcenter sagt, es sind 50 Euro zu viel. Das übernehmen sie nicht“, erklärt sie. „Dafür soll ich jetzt ausziehen? Nein!“

Es gibt viel Angst in Hassels-Nord dieser Tage. Und Traurigkeit. Evangelia Karambela war mit ihrer Familie Anfang der 70er unter den ersten Mietern im Viertel. „Mein Bruder ist hier im Treppenhaus zur Welt gekommen“, erinnert sich die heute 55-Jährige. Jetzt hat sie dicke Löcher im PVC-Boden, welche die Arbeiter nach Abschluss der Bauarbeiten einfach gelassen haben. Und soll statt 560 wohl bald 740 Euro monatlich zahlen. „Ich weiß nicht wohin. Ich bin auch noch chronisch krank.“

Angst und Traurigkeit. Aber auch jede Menge Wut. Über die saftige Mietsteigerung. Und über angebliche Verbesserungen, die nur Kosmetik seien. Anna Martin zeigt in ihrer Wohnung Leisten am Fenster, die sich schon lösen. Offene Rohre unter der Heizung, durch die kalte Luft aus dem Keller strömt. In ihrem Mietvertrag steht etwas von „Gartenanteil“ — der Garten ist planiert worden, nur eine öde Erdfläche ist übrig; ihre Pflanzen sind herausgerissen worden, die Überreste stehen in Plastiktüten auf ihrem Balkon. „Und trotzdem wollen die mehr Geld!“ Sie ist außer sich. Ebenso wie Silvia Laube. Die alleinerziehende Mutter hatte Glück, dass das Jobcenter die Mieterhöhung von 562 auf 724 Euro trägt — aber im Kinderzimmer kann sie die Fenster nicht mehr auf Kipp öffnen. Ihre elfjährige Tochter ist im Aufzug steckengeblieben. „Der ist nonstop kaputt“, klagt sie. „Warum soll man für so einen Pfusch mehr bezahlen?“

Muss man mitunter ja gar nicht, war die Antwort von Uwe Warnecke, Familienverband in Düsseldorf, vor Ort. „Wir werden uns jeden Einzelfall genau vornehmen“, versprach er. Wichtig sei aber, dass die Mieter zu Jobcenter oder der Servicestelle Grundsicherung gingen, um zu prüfen, ob die hohe Miete noch übernommen oder sie wegen wirtschaftlicher Härte abgewiesen werden könnte. Das könne auch, wer selbst arbeitet — wenn die Miete selbst mit Wohngeld 40 Prozent der Nettoeinkünfte auffräße.

Sozialdezernent Burkhard Hintzsche schätzt, dass bisher 1300 Menschen von der Erhöhung betroffen sind, darunter 600 bis 650 Leistungsempfänger. Und er stellt klar: Selbst wenn das Jobcenter die Miete nicht mehr übernehmen könne, seien die betroffenen Familien zwar gehalten, eine günstigere Wohnung in Düsseldorf zu finden. Gelingt das nicht, wird aber auch die hohe Miete gezahlt. Hintzsche: „Es wird keiner in die Obdachlosigkeit entlassen.“