Mit der Linie 712 in den Stau
Die Ersatzbusse für die Straßenbahn stecken morgens in Rath im Berufsverkehr fest.
Düsseldorf. Für eine Frau beginnt der morgendliche Stress mit dem Ersatzbus für die Straßenbahnlinie 712 schon, als der Fahrer gerade mal 50 Meter zurückgelegt hat und an einer Kreuzung abbiegt. "Stopp", ruft sie, "das ist doch falsch."
Der Fahrer bleibt gelassen, er hat damit gerechnet, dass die Ersatzroute für Irritationen sorgen wird. Ab Dienstag fahren Busse statt Bahnen für die 712, und daran müssen sich die Fahrgäste noch gewöhnen. "Das ist heute Morgen alles ein bisschen komplizierter. Da vorne ist die nächste Haltestelle, da können Sie aussteigen."
Es ist 8.12 Uhr, und der Fahrer ist auf dem Weg von Ratingen nach Düsseldorf. Doch kaum hat er die Stadtgrenze hinter Felderhof erreicht, ist schon Endstation. Der morgendliche Stau der Autofahrer - jetzt steckt auch der Bus mitten drin. Dort, wo sonst die Bahnen auf eigenem Gleiskörper vorbeifahren.
Die Fahrgäste schütteln den Kopf: Ihre Tour mit dem Bus dauert schon bis zum Rather Broich mehr als eine halbe Stunde. In diesem Zeitraum wäre die Bahn bereits am Jan-Wellem-Platz angekommen. Die ersten Handys werden gezückt. "Ich komme heute etwas später", heißt es nicht nur einmal.
Ein junger Mann, der direkt hinter dem Fahrer Platz genommen hat, rückt nervös auf seinem Sitz hin und her. Im nächsten Moment wird er ruhiger, denn hinter einer Kanal-Baustelle auf der Oberrather Straße, die noch zwei Wochen dort eingerichtet bleiben soll, geht es endlich zügig voran - bis zum Rather Broich. Der Bus steht erneut, und der junge Mann wird wieder unruhig.
Nicole Wacker hat damit gerechnet, dass die gewohnte Fahrt zur Arbeit am Dienstag so manche Überraschung bereit halten wird: "Ich bin 20 Minuten früher gefahren als sonst. Ich hatte das schon geahnt", sagt die Ratingerin, die um 9.30 Uhr an der Jacobistraße sein muss und ihr Ziel pünktlich erreichen wird.
Bei Martina Weichert, ebenfalls aus Ratingen, ist das noch nicht sicher. Sie muss nach Oberbilk und hat bereits einen Entschluss gefasst. "Morgen fahre ich mit der S-Bahn", sagt sie, ärgert sich jedoch nicht. "Da kann die Rheinbahn nichts für, die haben das alles ganz gut organisiert."
Tatsächlich lassen die engen Fünf-Minuten-Takte der Busse zumindest genug Luft an den Haltestellen. Nur an der Schlüterstraße wird es hektisch - und gefährlich. Dort ist viel los, und als wollten die Pendler die verlorene Zeit wieder einholen, laufen sie achtlos über die zweispurige Straße vor der Arbeitsagentur, um zurück zur Haltestelle der 712 auf der Mittelinsel zu gelangen.
Die Schülerin Patrizia lässt sich von der allgemeinen Hektik nicht anstecken und nimmt mit einigen anderen den Übergang an der Ampel. Auch sie plant schon mal für den kommenden Tag. "Ich werden morgen mit der S-Bahn fahren", sagt die junge Frau, die an einem Düsseldorfer Berufskolleg das Abitur nachholt. Auch Franz Clauen muss eine Verspätung in Kauf nehmen - vom Rather Broich bis zum Wehrhahn. "Zehn Minuten, das macht mir nichts", sagt er.
Bis Ende Oktober (so lange sollen in der ersten Bauphase zwischen Ratingen und Schlüterstraße keinen Bahnen fahren) müssen viele der täglich 38.000 Fahrgäste auf der Linie 712 wohl noch mit Verspätungen leben müssen. Zumindest aber sollen bald in jedem Bus beim Fahrer Tickets zu kaufen sein.
Das war am Montag nicht möglich, weil nicht genug Druckerrollen für die Ersatzbusse gekauft worden waren. Auch die Stempelautomaten funktionierten nicht überall.