Mona Neubaur: „Elbers agiert nicht, er reagiert“

Die Grünen-Chefin Mona Neubaur über die Gefahr des Erfolgs und die Arbeit des Oberbürgermeisters.

Düsseldorf. Frau Neubaur, machen Ihnen die Erfolge der Grünen Angst? Jetzt kann es doch nur noch abwärtsgehen?

Mona Neubaur: Der Ausstieg aus der Atomenergie, die guten Wahlergebnisse — das alles löst in erster Linie Freude bei mir aus, verbunden mit dem Respekt vor den Aufgaben und vor den Wählerinnen und Wählern, die wir nicht enttäuschen wollen.

Was ist denn jetzt die Hauptaufgabe aus Ihrer Sicht?

Neubaur: Wir stehen mit unseren Themen und Lösungsvorschlägen nicht mehr am Rande der Gesellschaft, wir sind mittendrin. Wir müssen uns jetzt als Partei positionieren, die mehrheitsfähig ist, ohne dabei unsere Kern-Standpunkte zu verlassen.

Das Atom-Thema hat die schwarz-gelbe Bundesregierung gerade abgeräumt. Welche Kernpunkte bleiben den Grünen da noch?

Neubaur: Jetzt geht die Arbeit ja erst richtig los. Die Umgestaltung der Energieversorgung auf die Zeit nach Atom und Kohle wird uns zurecht zugetraut. Zudem waren wir konzeptionell nie eine monothematische Partei. Uns unterscheidet von anderen Parteien, dass wir an der Sache interessiert sind, wir vertreten einen glaubwürdigen Politikstil. Damit sprechen wir auch eine verantwortungsbewusste Elite an. Gleichzeitig haben wir Zugang zu den Randgruppen und zur Mitte der Gesellschaft. Wir sind in der Lage, eine gesamtgesellschaftliche Solidarität zu organisieren.

Welche Probleme sind denn die drängendsten in Düsseldorf? Der Stadt geht es doch gut?

Neubaur: Ganz oben steht der Wandel in der Energiepolitik. Das Ziel ist ein CO2-freies Düsseldorf, dafür tut die Stadt nicht genug. Dann ist wichtig die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und dass der Radverkehr stärker gefördert wird.

Aber auch da tut die Stadt doch einiges . . .

Neubaur: Längst nicht genug. Beispiel Königsallee, die Situation dort ist typisch: Insgesamt gibt es auf beiden Seiten acht Spuren für Autos, zum Fahren und zum Parken — aber Fußgänger und Radler müssen sich am Kö-Graben einen Weg teilen. Der vorhandene Raum muss gerechter aufgeteilt werden. Auch der Raum für neuen Wohnungsbau ist knapp.

In diesem Zusammenhang haben Sie unlängst auch den Bau von neuen Wohn-Hochhäusern ins Gespräch gebracht. Wo wären dafür geeignete Standorte?

Neubaur: Wenn man Wohn-Hochhäuser baut, besteht natürlich immer die Gefahr der Ghettoisierung. Das kommt deshalb für mich nur an Stellen in Frage, wo eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, etwa an der Ulmer Höh‘. Da könnte ich mir sowas vorstellen.

Oberbürgermeister Dirk Elbers macht sich seit seiner Wahl für eine Energiewende in Düsseldorf stark. Macht er aus Ihrer Sicht einen guten Job?

Neubaur: Bei diesem Thema ist es wie bei anderen: Wünschenswert wäre doch, er würde die Stadt gestalten. Er agiert nicht, er reagiert viel. Ich kann auch nicht erkennen, dass er Kompromisse zwischen widerstreitenden Interessen herstellt. Dabei sollte er mit allen politischen Kräften auf Augenhöhe verhandeln. Manchmal scheint er zu vergessen, dass er auch der Chef der Stadtverwaltung ist und organisieren könnte, dass Verwaltung kein Selbstzweck ist, sondern für die Bürger da ist.

Wie sieht es denn mit der Partei des Oberbürgermeisters aus? Können Sie sich eine Koalition mit der CDU im Rathaus vorstellen?

Neubaur: Wir machen keine Mehrheit, nur damit wir an der Macht sind. Entscheidend ist immer, wie viel wir von unserem Programm durchsetzen können. Davon abgesehen sind Koalitionen auf kommunaler Ebene so auch gar nicht vorgesehen. Im Sinne der Demokratie finde ich wechselnde Mehrheiten ganz erfrischend. Das mag manchmal etwas schwieriger sein, aber womöglich ist es auch produktiver, wenn man vom reinen Lagerdenken wegkommt.

Das könnte man jetzt auch so verstehen, als würden Sie eine Koalition mit der SPD ausschließen wollen…

Neubaur: Das ist weder eine Absage an die SPD noch an die CDU. Wir sind stark in unserer Eigenständigkeit. Zurzeit ist es doch so, dass alle Anträge von uns im Stadtrat per se von der Mehrheit abgelehnt werden. Uns geht es um die Sache.

Wie bewerten Sie denn den Zustand der SPD in Düsseldorf?

Neubaur: Die SPD täte gut daran, ihre Zielgruppe zu re-politisieren. Sonst wird es ihr schwer fallen, Wahlen zu gewinnen.