Charlottenstraße: Machtlos gegen Menschenhandel?

Immer mehr Frauen aus dem ehemaligen Ostblock gehen auf der Charlottenstraße auf den Strich.

Düsseldorf. Seit mehr als fünfzig Jahren ist die Gegend rund um die Charlottenstraße ein Straßenstrich. Die Stadt hat dort in den vergangenen beiden Jahren ihren Druck merklich erhöht: mehr Kontrollen, mehr Platzverweise, mehr Bußgeldverfahren gegen Freier — inklusive Brief nach Hause.

Während aus der Anwohnerschaft eher positive Stimmen zu hören sind, ändert sich die Szene selbst: „Seit zwei Jahren schaffen vermehrt Frauen aus dem ehemaligen Ostblock, vor allem aus Rumänien und Bulgarien, auf der Charlottenstraße an“, sagt Heike Ziemens, Streetworkerin des Trebecafés. Diese seien 25 bis 30. Es gebe immer wieder Stress mit den rund 40 drogenabhängigen Frauen, die dort der Beschaffungsprostitution nachgehen — und es gebe klare Hinweise auf Menschenhandel.

„Wir hören das bei unserem Streetwork einmal am Abend“, sagt Luzia Kleene, die Leiterin der Frauenberatungsstelle. Die Einrichtung schickt mittlerweile eine rumänische Kollegin zum Streetwork, es gibt auch gemeinsame Einsätze mit dem Trebecafé. „Es ist schwer, ein Vertrauen zu den Frauen aus dem Osten aufzubauen. Die rumänische Mitarbeiterin hilft, Barrieren abzubauen.“

Dabei muss sehr vorsichtig vorgegangen werden, um beide Seiten zu schützen. Denn bekommen die Hinterleute der Frauen mit, dass dort eine Beziehung zu Betreuerinnen entsteht, sind sie schnell wie vom Erdboden verschluckt. „Sie werden dann in einer anderen Stadt eingesetzt“, sagt Kleene (Foto).

Im vergangenen Jahr konnte eine Frau, die sich klar dazu bekannt hatte, zum Zwecke der Prostitution verschleppt worden zu sein, ihrem Schicksal entrissen werden. „Diese klare Aussage ist nötig, sonst können wir nichts machen“, sagt Polizeisprecher Andreas Czogalla. Leider gelte auch bei der Zwangsprostitution, dass wo klein Kläger, auch kein Richter ist. Ein Anfang einer klaren Strategie wäre in den Augen von Kleene, die rumänische Honorarkraft fest einzustellen. „Doch dazu haben wir kein Geld.“

Der Ordnungs- und Servicedienst der Stadt (OSD) ist seit mehr als zwei Jahren auf der „Rue“ besonders aktiv. Laut OSD-Chef Holger Körber sind die osteuropäischen Prostituierten zwar namentlich bekannt, aber eine schwierige Klientel. Oft haben sie keinen festen Wohnsitz, Ordnungswidrigkeitsverfahren oder Platzverweise laufen ins Leere. Deswegen hat der OSD bereits in 19 Fällen als Sicherheitsleistung Geld oder Handys der Frauen beschlagnahmt.

Düsseldorf hat laut Körber die Lage aber vergleichsweise gut im Griff. „Das sieht in Dortmund anders aus“, sagt er, „dort musste die gesamte Stadt zum Sperrgebiet erklärt werden.“ Die Anwohner, inzwischen in einer Standortinitiative vereint, loben denn auch den OSD. „Wir wünschen uns einen stärkeren Einsatz der Polizei gegen die Drogenszene“, sagt Vorstand Bernd Clasen.

Eine Konkurrenz um Freier gibt es zwischen den beiden Frauengruppen übrigens selten. Die einen wollen hübsche gesunde Frauen, die anderen zieht unfassbarerweise gerade das Elend der Drogenabhängigen an. „Dennoch machen sich beide gegenseitig den Vorwurf, die Preise zu drücken“, sagt Kleene.