Navi für Radler hat viele Mängel

Manche Route bringt den Nutzer sogar in gefährliche Situationen. Die Stadt verspricht, die App „Radschlag“ weiterzuentwickeln.

Foto: M. Zanin

Düsseldorf. „Radschlag“ heißt das neue Navigationssystem der Stadt für Fahrradfahrer. Die WZ hat Routenplaner und Sprachansage auf der App fürs Smartphone getestet. Unser Ratschlag: mit Vorsicht zu genießen. Die Liste der Mängel ist lang. Einige manövrieren den Nutzer in halsbrecherische Situationen.

Hauptproblem bei der Routenplanung: Die Verkehrsführung ist nicht auf dem aktuellen Stand. Das kann brandgefährlich werden. Bei einer Testfahrt zum Girardet-Gebäude lotst uns das Navi etwa von der Breite Straße aus nach rechts in die Trinkausstraße. Ein Ortsunkundiger wäre hier voll in den Gegenverkehr gerauscht, da die Stadt dort aufgrund der Baustelle eine Einbahnstraße eingerichtet hat.

Weitere Mängel fallen bei der alternativen Routenplanung auf: Der Service klingt zunächst komfortabel. Der Nutzer darf zwischen schnellem, ruhigen und grünem Weg wählen. Doch die Stichproben zeigen: Ob die vorgeschlagene Strecke wirklich dieses Profil aufweist, ist Glückssache.

Pech hat, wer Uni als Startpunkt und Hauptbahnhof als Ziel eingibt. Die drei Routen variieren kaum. Und die grüne Strecke führt nicht durch den Volksgarten, was nur ein kleiner Umweg wäre. Diesen Weg spuckt das System nur aus, wer den vollen Namen, also „Heinrich-Heine-Universität“, eingibt. Logisch ist anders.

Wundern darf sich auch, wer von der Agentur für Arbeit an der Grafenberger Allee zum Brehmplatz fährt. Hier schlägt das Programm für alle drei Streckenprofile den gleichen Weg vor: Grafenberger Allee, Achenbach-, Herderstraße. Dabei ginge es über die Lindemannstraße schneller und der Schlenker durch den Hanielpark wäre grüner und ruhiger.

Gut funktioniert das System, wenn wir bei gleichem Startpunkt das Arag-Hochhaus als Ziel eingeben. Der direkte Weg (2,8 Kilometer) führt über die Heinrichstraße, der ruhige (3,7 Kilometer) über die Nebenstrecke Hans-Sachs-Straße und der grüne (4,3 Kilometer) entlang des Grünzugs am Otto-Götzen-Weg. Gelungen sind auch die Vorschläge für die Verbindung vom Dreischeibenhaus zum Aquazoo. Hier geht’s über Weyhe- und Cecilienallee oder durch Hofgarten und Rheinpark.

Was wiederum Rätsel aufgibt: Zum Teil werden für Hin- und Rückweg zu den exakt gleichen Adressen unterschiedliche Strecken vorgegeben. Bei einem Beispiel von Unterbilk aus zur Kö geht es etwa auf der grünen Strecke hin über Kirchfeld- und Talstraße, zurück allerdings über das Rheinufer, was trotz Umweg auch besser zum ausgewählten Natur-Profil passt.

Unzuverlässig ist auch die Sprachsteuerung. Die Hinweise zum Abbiegen kommen oft zu spät, zum Teil erst mitten auf der Kreuzung. Und wer einen Abzweig verpasst, muss sich selbst helfen. Die knappe Ansage lautet dann: „Sie haben die Route verlassen.“ Eine automatische Korrektur der Route bleibt aus.

Auf Anfrage der WZ gibt sich die Stadt selbstkritisch. Der städtische Fahrradexperte Steffen Geibhardt sagt mit Blick auf nicht aktualisierte Einbahnstraßen-Regelungen bei Baustellen: „Technisch können wir jederzeit aktualisieren. Wir müssen nur auch wissen, wo die Verkehrsführung verändert wird. Dafür müssen wir die interne Kommunikation verbessern.“

Generell sei ein Navigationssystem für Fahrradfahrer komplizierter, da es im Vergleich zum Autoverkehr viel kleinteiliger arbeiten müsse. Aber bei aller Kritik: „Wir haben auch sehr viel positives Feedback bekommen.“

Für Mängel an der App selbst verweist Geibhardt auf den Dienstleister, die „bam! interactive marketing GmbH“ aus Düsseldorf. Geschäftsführer Mustafa Mussa: „Wir betreten Neuland. Und haben mit schmalem Budget ein schlankes System auf die Beine gestellt. Das wollen wir mit Hilfe des kritischen Feedbacks von Nutzern immer weiter verbessern.“ Ein Feedbackformular soll in Kürze in die App integriert werden, auch per E-Mail kann Kritik geäußert werden.

In einem der nächsten Updates soll etwa die GPS-Leistung verbessert werden, so dass die Sprachhinweise rechtzeitig kommen. „Wir haben das Signal noch recht schwach eingestellt, um die Akkus der Nutzer nicht mehr als notwendig zu strapazieren“, sagt Mussa. Ob es eine automatische Korrekturfunktion beim Verlassen der Strecke geben wird, ist noch offen. „Da geht es um Sicherheitsaspekte. Vielleicht ist es für Radler besser, wenn sie die Route mithilfe eines Buttons manuell neu starten.“

Dass Hin- und Rückweg zum Teil nicht deckungsgleich sind, liegt laut Mussa daran, dass jeder einzelne Weg neu berechnet werde, und sich das System nicht den Hinweg merkt. Auch die unterschiedlichen Profile (schnell, ruhig oder grün) der Routen sollen geschärft werden. „Das ist Fleißarbeit. Wir werden jeden Hinweis von Nutzern manuell einpflegen.“