Neonazi-Terrorverdacht: Aids-Hilfe unter Schock
Die Kollegen von Carsten S. kennen den 31-Jährigen als netten und zuverlässigen Sozialpädagogen.
Düsseldorf. Peter von der Forst blickt geschockt in die fünf Kameras vor ihm: „Ja, er hat mir von seiner rechten Vergangenheit erzählt, auch die Mitarbeiter wussten Bescheid.“ Der Chef der Düsseldorfer Aids-Hilfe ringt um Fassung: „Mit rechten Gedankengut hätte er seinen Job gar nicht machen können.“
Von der Forst spricht von Carsten S. (31) den Beamte der GSG 9 am Mittwoch in der Markenstraße in Oberbilk festgenommen haben. Er steht im Verdacht, den Neonazi-Terror des „Natinalsozialistischen Untergrunds“ unterstützt zu haben.
Sechsfache Beihilfe zum Mord lautet nur einer der Vorwürfe. Auch für die Kollegin, mit der S. das schwul-lesbische Jugendzentrum Puls betreute, ein Schock: „Er war so hilfsbereit, immer da, wenn man ihn brauchte.“
Bei der Aids-Hilfe NRW ist auch der Kölner Anwalt von Carsten S., Jacob Hösl, aktiv. Über ihn erklärte sich der Verdächtige erst vergangene Woche der Presse: Er sei über die Taten der Zwickauer Terrorzelle erschrocken, habe nichts von ihnen gewusst. „Ich bin im Jahre 2000 aus der rechten Szene ausgestiegen“, ließ S. verlauten.
Dennoch war seine Vergangenheit auch vor den Enthüllungen um die Zwickauer Zelle bereits Thema in Düsseldorf. Die linke Zeitung „Terz“ beleuchtete sie 2004 in einem Artikel über Aussteiger.
Damals war S. an der Fachhochschule zum Schwulenreferenten gewählt worden — den Asta habe er über seine politische Karriere als NPD-Kreisvorsitzender im Raum Jena allerdings im Dunkeln gelassen, so die Terz.
„Er war kein Aussteiger, sondern ein Aufhörer“, sagt der parteilose Ratsherr Frank Laubenburg, der schon in der vergangenen Woche über mögliche Vorwürfe gegen S. bloggte. Der 31-Jährige habe keine Strukturen und Persönlichkeiten verraten — „sonst wäre uns womöglich vieles erspart geblieben“.
Bei der Durchsuchung der Wohnung von S. war am Mittwoch auch Kriminalhauptkommissar Dietmar Wixfort dabei. Er leitete die Ermittlungen nach dem Wehrhahn-Anschlag am 27. Juli 2000 und wurde von seinem neuen Posten in Neuss zurückbeordert, um mögliche Verbindungen zur Zwickauer Zelle zu prüfen.
Zwei Kisten und den Computer von S. soll Wixfort am Mittwoch mitgenommen haben. Dabei handele es sich aber um Routine, hieß es von der Polizei. Hinweise, dass Carsten S. mit dem Sprengstoffanschlag zu tun hatte, gebe es nicht.