Düsseldorf „Osmanen Germania“: Neue Rockergruppe drängt in die Stadt

Die „Osmanen Germania“ tauchen rund um Düsseldorf auf — und haben angeblich auch hier ein Charter. Polizei bleibt aber gelassen.

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Düsseldorf. Mit 70 Mann ist die Rockertruppe „Osmanen Germania“ Ende Januar in Neuss aufmarschiert, in Duisburg trafen sich wenig später 40 Mitglieder — beide Male gab es einen Großeinsatz der Polizei. Auch in Hilden soll es eine Zusammenkunft gegeben haben. Es könnte wirken, als kreiste der neue Club die Landeshauptstadt systematisch ein. Diese wird seit Jahr und Tag von den Hells Angels als Revier beansprucht — das wird Neuss aber auch. Es stellt sich die Frage, ob Düsseldorf jetzt doch Konflikte rivalisierender Gruppen drohen.

Die „Osmanen Germania“ werden im Düsseldorfer Landeskriminalamt sehr genau beobachtet. Sie kommen aus dem Hessischen rund um Frankfurt, bezeichnen sich als „Boxing Club“. „Das ist Türsteher-Szene, Rockermilieu — Motorräder, wie bei klassischen Rockern, spielen da aber keine Rolle“, erklärt Thomas Jungbluth, Leiter der Abteilung Organisierte Kriminalität. Klar ist: Sie wachsen offenbar rasch. 20 Charter haben die Osmanen innerhalb weniger Monate in Deutschland gegründet, neun in NRW — neben dem Westfälischen und Ruhrgebiet auch in Köln, Aachen und Düsseldorf.

Typische Rockerkarrieren finden sich innerhalb der Gruppierung kaum. Es handelt sich laut Jungbluth vor allem um türkischstämmige Männer, die Hälfte ist unter 25. „Sie sind dabei, sich zu sammeln, zu etablieren“, erklärt der Experte. „Wir haben in NRW noch keine rockertypischen Straftaten aus der Gruppe heraus registriert. Aber jeder, der sich eine Kutte anzieht, ist für die Polizei interessant.“ Deshalb seien die Kontrollen in Neuss und Duisburg, bei denen 97 Personalien festgestellt wurden, so wichtig gewesen.

Auch für Düsseldorf. Zwar ist das Hells-Angels-Chapter hier seit 15 Jahren verboten. „Aber sie sind noch da — ganz klar“, sagt der LKA-Mann. „Und sie versuchen natürlich, ihre Geschäftsfelder zu verteidigen.“ Könnte das martialische Auftreten der „Osmanen Germania“ in der direkten Nachbarschaft als Provokation verstanden werden — obwohl sie den Angels durchaus nahestehen sollen? „Das ist das typische Verhalten von Rockern“, erklärt Jungbluth. „Sie wollen sich in der Öffentlichkeit inszenieren.“ Und ja: auch ihr Revier markieren.

Sorgen macht man sich im Düsseldorfer Polizeipräsidium aber noch lange nicht. „Sie sind im Stadtgebiet Düsseldorf noch nicht aufgefallen“, sagt Kriminaldirektor Frank Kubicki. Über die Stärke des Charters habe man „keine Erkenntnisse“. Zwar gebe es seit einigen Monaten eine Facebookgruppe — über diese würden aber keine Treffen verabredet; Clubhäuser hätten die Osmanen ohnehin nicht. Auch Kubicki schätzt den massiven Auflauf der Gruppe in Neuss als „nicht ganz ohne“ ein. Aber dass sie ernsthaft die etablierten Hoheitsbereiche von Bandidos und Hells Angels in NRW angreifen wollen, hält er für fraglich: „Es wäre mutig, wenn sie sich da reintrauen.“

Sowohl vom LKA als auch vom Präsidium heißt es, dass das schnelle Auftauchen und Wachsen einer neuen Rockergruppe nichts Ungewöhnliches sei — ebenso wenig aber ihr Verschwinden. „Die Szene ist sehr dynamisch“, erklärt Kubicki. Die einstige Maxime, seinem Club für immer treu zu bleiben, gebe es in dieser Form nicht mehr, sagt Thomas Jungbluth: „Das weicht auf.“ Nicht zuletzt durch den massiven Druck der Polizei auf die großen Clubs: „Wir haben viel getan.“ Er denkt etwa an die Verbote von Hells-Angels-Chaptern in Düsseldorf oder Köln — zuletzt das bundesweite Verbot der Satudarah.

Auch und gerade in Düsseldorf, wo die Altstadt und ihre Türsteherszene als einträgliches Pflaster gilt, wird viel getan. Durch Razzien und Kontrollen haben die Ermittler inzwischen einen guten Überblick, welche Security-Firma welche Tür macht, ob diese einem Club zuzuordnen ist — und sorgten zuletzt auch dafür, dass etwa mal ein Club-Inhaber und ein Sicherheitsunternehmen ausgetauscht wurden.

In der Folge ist die Situation in Düsseldorf ruhig. Große Machtdemonstrationen der Hells Angels, wie zu Altweiber in der Altstadt oder traditionell am ersten Kirmeswochenende, gab es in den vergangenen Jahren nicht. Wachsam bleiben die Ordnungsbehörden trotzdem. Thomas Jungbluth: „Wir müssen immer wissen, was sich Neues tut.“