Herr Schlee, haben Sie zwischenzeitlich einmal gedacht, dass es mit der Wahl schiefgehen könnte? Vor allem, weil die CDU lange kein Bekenntnis für Sie abgab.
Stadtbezirk 2 in Düsseldorf „Ich würde gerne die Leute vor Ort aufsuchen“
Düsseldorf · Der neue Bezirksbürgermeister will neue Wege gehen und mit den Menschen stärker in den Dialog treten.
Seit dem vergangenen Dienstag ist Philipp Schlee neuer Bezirksbürgermeister im Stadtbezirk 2. Der Grüne wurde von der Bezirksvertretung mit 15:2-Stimmen gewählt, einen Gegenkandidaten gab es für den 41-Jährigen nicht.
Philipp Schlee: 100-prozentig sicher war ich zu keinem Zeitpunkt. Bei der aktuellen Konstellation in unserer BV2 ohne festes Fraktionsbündnis muss man damit rechnen, dass sich Mehrheiten bilden, an denen man nicht beteiligt ist – auch wenn die ersten Rückmeldungen der anderen Parteien durchaus positiv waren. Und gerade bei einer geheimen Wahl kann es Überraschungen geben.
Haben Sie noch mit einem Gegenkandidaten gerechnet?
Schlee: Gerechnet nicht, aber grundsätzlich für möglich gehalten. Auch wenn wir die stärkste Fraktion in der BV2 stellen, gibt die Gemeindeordnung grundsätzlich allen Mitgliedern der Bezirksvertretung die Möglichkeit, sich für die Position zu bewerben.
Auch Ihre Partei fand keine schnelle Lösung. Warum lief es am Ende auf Sie heraus?
Schlee: Bei einer solchen Entscheidung spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, die wir sorgfältig abgewogen haben: die verfügbaren zeitlichen Ressourcen, politische Erfahrung, persönliche Eigenschaften und nicht zuletzt die Lust auf die fordernde Aufgabe. Dabei war es mir auch wichtig, meine mögliche Kandidatur vorab mit Leuten aus meinem privaten Umfeld und mit meinem Arbeitgeber zu besprechen. Zum Glück habe ich hier ausschließlich positive und unterstützende Rückmeldungen bekommen.
Mussten Sie für die Wahl jemanden von sich überzeugen?
Schlee: Wir haben im Vorfeld zur Wahl Gespräche mit anderen Parteien geführt. Ich denke, dass ich dabei klarmachen konnte, dass ich die möglicherweise fehlende Erfahrung in diesem Amt mit Engagement und der Bereitschaft zu einer gründlichen Vorbereitung für die anstehenden Aufgaben wettmachen will. Und dass mir in der neuen Rolle vor allem daran gelegen ist, unseren Bezirk gemeinsam zu gestalten und nicht nur die eigenen politischen Positionen im Blick zu haben.
Was entgegnen Sie denjenigen, die sagen, Ihnen fehle noch die Erfahrung? Sie sind schließlich noch keine vier Jahre in der Politik.
Schlee: Ich bin jemand, der große Herausforderungen nicht auf die leichte Schulter nimmt, sondern sich gewissenhaft vorbereitet. Außerdem glaube ich, dass eine unbelastete Herangehensweise und ein frischer Blick einem solchen Amt auch guttun kann. Mehr als die Hälfte der Mitglieder unserer Bezirksvertretung sind bei der letzten Kommunalwahl neu in das Gremium gewählt worden. Das halte ich für eine gute Ausgangsposition, um alte Gräben hinter sich zu lassen und neue Wege der Zusammenarbeit auszuprobieren. Diese Chance möchte ich gerne nutzen, dabei freue ich mich aber selbstverständlich auch über Ratschläge und Unterstützung der Erfahreneren.
Wie wollen Sie das Amt ausüben?
Schlee: Ich würde gerne neue Wege ausprobieren, um mit den Menschen im Stadtbezirk in einen Dialog zu kommen. Natürlich werden die Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin die Möglichkeit haben, mir über die bestehenden Kanäle ihre Anliegen mitzuteilen. Viele Menschen erreicht man auf diese Weise allerdings nicht, da die Informationen, Zugänge oder auch einfach die Zeit fehlen. Ich würde daher gerne die Leute mit Sprechstunden und Diskussionsangeboten direkt vor Ort aufsuchen – in den Schulen, Pflegeeinrichtungen, Kirchen- und Moschee-Gemeinden, Jugend- und Nachbarschaftstreffs oder auf der Straße, um so noch vielfältigere und ungefilterte Impulse für unsere Arbeit von Ihnen zu bekommen.
Was haben Sie sich als Bezirksbürgermeister vorgenommen und was muss 2022 erreicht werden?
Schlee: Eine wichtige Frage für 2022 wird sein, wie wir das Leben in den Quartieren während und nach Corona reaktivieren können. Hier hoffe ich besonders auf Ideen und Initiativen der Menschen aus unserem Bezirk für eine Nutzung des öffentlichen Raums zum Austausch, für Begegnungen, Feste und gemeinsame Aktionen. Und auch für neue Formate und Orte, um der großartigen Kulturszene in unserem Bezirk nach den harten vergangenen beiden Jahren zu mehr Sichtbarkeit verhelfen zu können. Ansonsten werden uns bei allen Entscheidungen die großen politischen Fragen auch in der Lokalpolitik beschäftigen: Wie können wir uns – gerade im dichtbesiedelten Bezirk 2 – weiter für die Klimakrise wappnen und unseren Beitrag für ein klimaneutrales Düsseldorf leisten? Wie finden wir kreative Lösungen für ein Gelingen der Verkehrswende? Und wie schaffen wir es, dass Flingern und Düsseltal bei sicherlich weiter steigender Attraktivität für alle bezahlbar bleibt?
Nach Ihrer Wahl sagten Sie, dass es auch Punkte gibt, die man verbessern kann. Welche meinen Sie?
Schlee: Da es bei uns kein festes Fraktionsbündnis gibt, hat jedes Mitglied die Chance, für eine gute Idee die erforderliche Mehrheit zu gewinnen. Das halte ich grundsätzlich für eine gute Sache. Allerdings fehlt hier gerade bei hitzigen Debatte zu komplexeren Themen der Raum für die Auslotung von Kompromissen und für die Beleuchtung möglicher Alternativen. Ich glaube, dass wir hier weitere Formate des Austauschs brauchen, um gemeinsam auch die größeren Projekte anschieben zu können.