Porträt Julia Rölfs: "Nachts habe ich zur Abwechslung gemalt"
Julia Rölfs übernahm mit 32 die Mittelstandsberatung ihres Vaters. Doch es begann mit Tiefschlägen: Mitarbeiter kündigten, der Umsatz brach ein und der Vater starb. Mittlerweile geht es ihr gut.
Düsseldorf. Als Jochen Rölfs seiner Tochter Julia im Sommer 2011 das Angebot macht, seine Firma RBC-Mittelstandsberatung (heute: Rölfs Business Consulting) zu übernehmen, gibt er ihr gerade mal drei Tage Bedenkzeit mit auf den Weg. Julia Rölfs ist damals 32, seit zwei Jahren im väterlichen Unternehmen RölfsPartner — und ohne Führungserfahrung.
Sie nimmt sein Angebot trotzdem an. „Weil das Risiko überschaubar war. Mein Vater mit all seiner Erfahrung war ja da, wenn ich nicht weiter wusste.“ Die erste Zeit als Geschäftsführerin sei „ruckelig“ gewesen, sagt sie rückblickend. „Mit den beiden vorherigen Geschäftsführern ging auch die Hälfte unserer Kunden verloren, der Umsatz brach ein. Und einige Mitarbeiter kündigten, weil sie mir die Leitung nicht zutrauten. Denen war ich zu jung.“
Ihr Vater, der sich 1979 selbstständig machte und seine RölfsPartner Gruppe zu einer der zehn umsatzstärksten Beratungsgesellschaften Deutschlands mit 700 Mitarbeitern ausbaute, steht ihr in der schwierigen Anfangszeit beratend zur Seite, „er nahm mir unglaublich viel Druck von den Schultern. Mit Kündigungen von Mitarbeitern umzugehen und so, da kam einfach sehr viel Neues auf mich zu.“
Im Dezember 2011, Julia Rölfs ist gerade mal vier Monate Geschäftsführerin, erhält ihr Vater die Diagnose Krebs. Im August 2012 stirbt er im Alter von 63 Jahren. Den Umzug der Firma ins Kennedyhaus erlebt er nicht mehr. „Die hellen, modernen Räume hier würden ihm sehr gut gefallen“, ist sich Julia Rölfs sicher.
Fast alle Bilder in den Büros stammen von ihr, „die meisten davon habe ich nachts gemalt. Wenn deiner Firma die Hälfte des Umsatzes verloren geht, fällt es oft schwer, einzuschlafen. Dann habe ich gemalt, zur Ablenkung.“ Kunst ist schon lange ein großes Hobby von ihr, doch für regelmäßige Ausstellungen bleibt jetzt wenig Zeit.
Dass sie einmal den gleichen Weg wie ihr Vater einschlagen würde, ist für Julia Rölfs lange Zeit keine Option. „Mein BWL-Studium in Münster wollte ich nach zwei Semester hinschmeißen, weil es so trocken war. Und lieber Kunst oder Architektur machen.“ Sie zieht es doch durch, will danach ins Marketing. „Mein letztes Praktikum vor dem Diplom habe ich dann bei KPMG in Düsseldorf gemacht. Mein Vater hat mich nicht dazu gedrängt, aber er meinte, ich solle wenigstens mal reinschnuppern.“
Die Arbeit in der Wirtschaftsprüfung gefällt ihr viel besser als erwartet, „vor allem, dass man in so viele unterschiedliche Unternehmen Einblicke bekommt, hat mir gut gefallen.“ Nach ihrem Abschluss fängt sie bei KPMG an, bleibt dort fünf Jahre. 2009 dann der Wechsel zu RölfsPartner, 2011 das Angebot ihres Vaters.
Heute hat sie 15 Mitarbeiter unter sich. Ihre beiden Brüder, 37 und 25 Jahre alt, haben im Gegensatz zu ihr mit Wirtschaftsprüfung nichts am Hut. Dass es bei ihr anders gekommen ist, bereut Julia Rölfs nicht: „Hier im Büro lebt der Papa auf eine Art weiter.“