Düsseldorf Projekt: Das Geheimnis glücklicher Schüler
Einen Tag lang ging es an der Gesamtschule Hulda-Pankok um die Herzenswünsche der Schüler. Dabei kam Erstaunliches heraus.
Düsseldorf. Giorgia ist erbarmungslos: Mit herunterhängenden Mundwinkeln kommt sie auf die Schülerin zu. Dann eine strenge Begrüßung. „Guten Morgen“, sagt sie, bevor ihr eine herumliegende Jacke ins Auge fällt. „Warum hängt sie nicht an der Garderobe? Dafür fertigst du mir einen Stundenbericht an“, ermahnt sie die Besitzerin und fügt hinzu: „Was glaubst Du, wie sich die Jacke fühlt, wenn sie nicht bei den anderen ist?“
Für ein paar Minuten ist die 13-jährige Giorgia in die Rolle einer Lehrerin geschlüpft. Einer Lehrerin, die schlecht gelaunt in den Unterricht kommt und ihren Schülern keine Gelegenheit gibt, sich zu erklären. Eine Lehrerin, auf die die Siebtklässler der Hulda-Pankok-Gesamtschule gut und gerne verzichten würden. Eine Gruppe Schüler hat sich das Rollenspiel im Rahmen eines Projekttages ausgedacht. Es geht darum, was sich die Schüler wünschen, wovor sie Angst haben, was sie sauer und glücklich macht.
Für das Rollenspiel war nach Meinung der Schüler gar nicht viel Fantasie nötig. „Die Lehrer sind teilweise wirklich so“, sagt Vicky (13). „Immer, wenn wir etwas sagen, werden wir gleich angemeckert“, sagt ihre Mitschülerin. „Wir wollen respektvoll behandelt werden“, sagt Giorgia, „und dazu gehört auch, dass wir unsere Meinung sagen dürfen. Auf eine respektvolle Art und Weise.“ Der 14-jährige Carl ergänzt: „Aber wenn wir unsere Meinung sagen, heißt es von der Lehrerin immer, dass das bis nach der Stunde Zeit hat. Aber dafür ist doch gerade der Unterricht da.“
Der gemeinnützige Verein Werkstatt Lebenshunger, der sich mit Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen befasst, ist der Frage nach den Herzenswünschen der Schüler nachgegangen — in Gruppenarbeit, aber auch in Form eines anonymen Fragebogens. „Dabei ist herausgekommen, dass ganz viele Schüler den Wunsch nach verlässlichen Freundschaften, nach Zusammenhalt in der Familie und Gesundheit haben“, sagt Projektleiterin Erny Hildebrand.
Die Direktorin der Gesamtschule, Alexandra Haußmann, hat entscheidende Kenntnisse erlangt: „Ich habe jetzt erst richtig wahrgenommen, dass der Bereich Freundschaft ein sehr unsicherer ist“, sagt sie. „Jeder wünscht sich einen Freund, schreibt aber gleichzeitig, dass so ein Freund nicht leicht zu finden ist.“ Durch Plattformen wie Facebook, auf der rasend schnell Gerüchte gestreut werden können, werde die Suche nach einem Freund, dem man vertrauen kann, erschwert.
Carl, der im ersten Rollenspiel den frustrierten Schüler gemimt hat, ist nun in die Rolle des coolen Lehrers geschlüpft. „Schickt mir mal eure Hausaufgaben per Whatsapp zu, dann kann ich sie kontrollieren“, sagt er. Die Blicke des Lehrers und der Schüler kleben an den Displays ihrer Handys.
Das Signal der Schüler ist klar: „So wüschen wir uns Schule. Da würde man eine Menge an Geld und Papier sparen, und auch die vielen Kilos in der Tasche“, sagt Vicky.