Raucher Friedhelm kann vorerst in seiner Wohnung bleiben
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat entschieden: Der Prozess um die fristlose Wohnungskündigung des Düsseldorfer Rauchers Friedhelm Adolfs muss neu aufgerollt werden.
Karlsruhe/Duesseldorf (dpa). Nach der Urteilsverkündung huschte ein strahlendes Lächeln über Friedhelm Adolfs Gesicht. Dann richteten sich die Fernsehkameras und die Mikrofone auf den zierlichen Mann im grauen Anzug. „Ich bin zufrieden“, sagte Adolfs, den sein Anwalt zum „bekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt“ gekürt hat. Zufrieden und froh, dass der Stress nun erst einmal vorbei sei.
Adolfs war selbst zum Prozess erschienen, was keine Selbstverständlichkeit beim Bundesgerichtshof (BGH) ist. Bis zum Urteil am Nachmittag harrte er am Mittwoch in Karlsruhe aus. Ein freundlicher, kleiner Mann, der manchmal etwas fragend auf die vielen Gesichter um ihn herum blickte. Es ging für ihn um viel: Seine Vermieterin hatte dem 76-Jährigen fristlos die Wohnung gekündigt, weil der Rauch seiner Zigaretten bis in den Hausflur dringt und dort zu unzumutbaren Belästigungen führe.
Die Vorinstanzen folgten der Argumentation der Besitzerin und bestätigten den Rausschmiss. Doch jetzt kann der Rentner erst einmal in seinen vier Wänden bleiben. Mit ungewöhnlich harschen Worten für die Richterkollegen hoben die BGH-Juristen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf auf und wiesen den Fall zu einer viel genaueren Prüfung dorthin zurück. Das Landgericht hatte es als „schwerwiegenden Pflichtverstoß“ gewertet, dass der Witwer nicht gelüftet und seine vollen Aschenbecher nicht geleert habe.
Damit habe er die Geruchsbelästigung im Flur sogar gefördert, anstatt sie durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, so der Vorwurf. Als Beweis reichte dem Landgericht ein Zeuge - was der BGH scharf kritisierte. Über die mangelnde Aufklärungsarbeit der Richterkollegen hinaus stellte der BGH einige Dinge klar und stärkte Rauchern den Rücken: Zum einen dürfe man in seiner Wohnung rauchen, sagte die Vorsitzende BGH-Richterin Karin Milger in Karlsruhe. Das hatte der BGH auch schon früher entschieden.
Zum anderen könne Adolfs nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass er die Aschenbecher in seiner Wohnung nicht regelmäßig geleert habe, betonte die Juristin. Das sei sein gutes, vom Grundgesetz geschütztes Recht, denn: „My home is my castle“. Und drittens hielt es der BGH-Senat „nach der Lebenserfahrung“ nicht gerade für plausibel, dass durch zu wenig Lüften einer Wohnung ein Flur dermaßen verpestet werden könne, dass es die Kündigung eines über 40 Jahre währenden Mietverhältnisses rechtfertige. „Kann es wirklich so schlimm sein?“, fragte Milger. Etwas anderes könne man zwar beim Passivrauchen am Arbeitsplatz oder bei ständiger Geruchsbelästigungen etwa auf dem Balkon annehmen.
Aber: Ein Hausflur sei für den Durchgang gedacht, kein Mensch halte sich länger darin auf. Will heißen: Dieser Streit ist aus Sicht der fünf Richter eigentlich überflüssig. Das zeigte sich auch in ihrem Appell an die Beteiligten, sich baldmöglichst eine gütliche Einigung zu überlegen. Sollte diese nicht zustande und es zu einer Neuauflage des Prozesses kommen, wird das Landgericht sich sehr anstrengen müssen, um den Fall revisionsfest zu beurteilen. Friedhelm Adolfs hat aber in jedem Falle erst einmal Zeit gewonnen und gönnte sich nach dem Urteil eine Zigarre.