Rentner (89) durfte nicht mehr fahren: Ärztin verklagt
Sie hatte das Straßenverkehrsamt eingeschaltet und soll nun 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Düsseldorf. Seit fast 70 Jahren sitzt Hermann Kleinschnellenkamp hinter dem Steuer, baute in dieser Zeit nur einen kleinen Unfall. Doch ein Jahr lang musste der heute 89-Jährige auf seinen Führerschein verzichten. Seine Hausärztin hatte an die Führerscheinstelle des Straßenverkehrsamtes geschrieben, weil sie ihn für nicht mehr fahrtüchtig hielt.
Inzwischen hat der Rentner seinen Führerschein wieder und verklagte die Frau, weil sie ihre Schweigepflicht gebrochen hat. Dafür soll die Ärztin ihm jetzt 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Anfang 2009 war Kleinschnellenkamp freiwillig in ein Altenheim im Großraum Düsseldorf gezogen. Auf seinen Opel wollte der Mann aber nicht verzichten, weil er damit zum Grab seiner Frau und manchmal auch zur Eisdiele fährt. Schon kurz nach seinem Einzug drängte die Heimleitung den Rentner, seinen Führerschein abzugeben. Doch er wollte nicht.
Am 21. Juli 2009 schickte die Hausärztin, die eine Reihe von Patienten in dem Altenheim versorgt, das Fax an die Führerscheinstelle. Kurz danach war der „Lappen“ weg. Zwei Jahre zuvor hatte schon einmal ein Amtsarzt untersucht, ob der Senior noch am Steuer sitzen dürfe. Passiert war seitdem aber nichts.
Kleinschnellenkamp gab aber nicht auf. Er zog vor das Verwaltungsgericht und ließ ein neues Gutachten erstellen. Er bekam seinen Führerschein zurück, darf allerdings nur noch bestimmte Strecken fahren. Da der Rentner ein Jahr lang nicht hatte fahren dürfen, reichte er Klage gegen die Ärztin ein.
Die betonte gestern, dass sie nur mit guten Absichten gehandelt habe. Der 89-Jährige leide an einer chronischen Herzerkrankung und könne sogar Ohnmachtsanfälle bekommen. Außerdem habe sie auf Drängen der Heimleitung gehandelt, weil Kleinschnellenkamp auch andere Heimbewohner mitfahren ließ.
Das Gericht betonte, dass die ärztliche Schweigepflicht ein hohes Rechtsgut sei, mit dem man nicht leichtfertig umgehen dürfe. Für den Straßenverkehr gebe es auch keine gesetzliche Regelung, die Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbindet. Darum soll die Ärztin nun 1000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Kleinschnellenkamp erschien zur Verhandlung gestern nicht, da er wegen einer Erkrankung an den Beinen zurzeit im Rollstuhl sitzt. „Aber er will bald wieder sein Auto fahren“, sagt sein Anwalt Michael Matusche.