Rosenmontagszug Düsseldorfer Zoch: Drei Religionen, ein Karnevalswagen

Düsseldorf · Jacques Tillys „Toleranz Wagen“ vereint erstmals Jüdische Gemeinde, den Kreis der Muslime, evangelische und katholische Kirche. Vier Plätze zum Mitfahren werden teuer verkauft.

Dalinc Dereköy, Martin Fricke, Jacques Tilly und Michael Szentei-Heise zeigen den ersten Entwurf des Wagens.

Foto: Michaelis, Judith (JM)

Der Düsseldorfer Rosenmontagszug bekommt wegen der böse-klugen Mottowagen von Jacques Tilly schon Jahr für Jahr nicht nur jede Menge bundesweite, sondern auch internationale Aufmerksamkeit. Dieses Jahr dürfte ein Mottowagen in den Blickpunkt geraten, der weder besonders satirisch und provokant, noch optisch spektakulär daherkommt – dessen „Message“ aber eine gute ist: Der erste „Toleranz Wagen“ der Welt, den Juden, Muslime und Christen gemeinsam bestreiten. „Hier wird nicht nur von Toleranz geredet, hier wird sie gelebt“, freut sich Dalinc Dereköy, der Vorsitzende des Kreises der Düsseldorfer Muslime (KDDM).

Am Mittwoch wurde der Wagen bei der Jüdischen Gemeinde vorgestellt. Auf die Idee zu dem interreligiösen Signal brachte deren Verwaltungsdirektor Michael Szentei-Heise ein Journalist, nämlich RP-Lokalchef Uwe-Jens Ruhnau. Und zwar gleich nachdem die Jüdische Gemeinde 2018 so viel Erfolg und Spaß mit ihrem ersten, Heinrich Heine gewidmeten, Wagen im Zoch hatte. Schon damals hatte Szentei-Heise Dereköy spontan zum Mitfahren eingeladen und der war auch gekommen.

Der Sicherheitsaufwand ist enorm groß

Nun also sind (fast) alle Religionen karnevalistisch vereint,  nächstes Jahr will man, sollte es eine Neuauflage geben, womöglich auch die griechisch-orthodoxe Gemeinde  dazubitten. „Bei so etwas kann man ja gar nicht nicht mitmachen“, hatte der katholische Stadtdechant Ulrich Hennes schon beim ersten Treffen gesagt; für die evangelische Kirche betont jetzt Pfarrer Martin Fricke, dass es den Protestanten ein großes Anliegen sei, „mit den religiösen Geschwistern zusammen durch die Stadt zu ziehen“.

Und auch der bekennende Atheist Jacques Tilly hat kein Problem mit seinem Wagen, „denn der ist ja per se schon mal eine klare Absage an jeden religiösen Fundamentalismus“. Der Titel des Gefährts „Toleranz Wagen“ lehnt sich nicht nur ans diesjährige Sessionsmotto „Gemeinsam jeck“ an, sondern ist natürlich auch ein Wortspiel, so man „Wagen“ als Prädikat (kleingeschrieben) liest. Ansonsten gilt bei Tilly wie immer: Die Botschaft muss klar und einfach sein, „denn wenn man einen Wagen erklären muss, ist er sinnlos.“

Komplizierter ist da dessen Finanzierung, Szentei-Heise schätzt, dass er alles in allem, also mit Wurfmaterial (z.B. Taschentücher) und Orden, um die 60 000 Euro kosten wird. Die vier Gemeinden leisten alle einen Beitrag, der Rest soll per Crowdfunding reinkommen. Maximal 32 Plätze soll es auf dem Wagen geben, vier davon werden an Privatleute vergeben, wenn sie einen Fahrpreis von 1911 Euro bezahlen.

Die meiste Überzeugungsarbeit hatte Dalinc Dereköy bei seinen Muslimen zu leisten, noch am Dienstagabend habe man lange diskutiert, berichtete er, dann habe die Gemeinde aber mit großer Mehrheit für die Teilnahme beim Toleranz-Wagen votiert. Dass etwa der im Karneval kaum zu vermeidende Alkohol ein Problem für Moslems ist, ist auch Juden und Christen klar: „Es ist ganz einfach, die Muslime kriegen beim Zoch einfach nichts ab“, kommentierte Szentei-Heise trocken.

Den Manager der Jüdischen Gemeinde treibt eher die Sicherheitsfrage um, „wie immer, wenn wir als Juden in die Öffentlichkeit gehen“. Letztlich jedoch sei das stets aufs Neue auch nur ein Problem, das gemeinsam mit der Polizei gut gelöst werde.