Mutter reanimiert ihr Neugeborenes Sanitäter rettet Baby übers Telefon

Die Atmung des drei Tage alten Neugeborenen hatte ausgesetzt. Die Mutter reanimierte es mit Hilfe der Feuerwehr-Leitstelle, die nach einem festgelegten Prozedere vorging.

Foto: Bernd Schaller

Düsseldorf. Ein Feuerwehrmann hat am Montagabend einem drei Tage alten Baby übers Telefon das Leben gerettet. Da die Atmung des Kindes ausgesetzt hatte, wies er die Mutter zu einer Mund-zu-Mund-Beatmung an. Kurz danach atmete das Neugeborene wieder selbstständig.

Die 33 Jahre alte Düsseldorferin hatte gegen 17.30 Uhr den Notruf 112 gewählt und dem ausgebildeten Sanitäter verzweifelt geschildert: „Mein Baby liegt bei mir auf dem Schoß, atmet nicht und ist ganz blau im Gesicht.“ Im Gespräch mit der WZ erklärt der Leitstellendisponent Patrick Hubberten am Dienstag: „Da schrillten bei mir natürlich sofort alle Alarmglocken.“

Nachdem der 41-jährige Familienvater Namen und Adresse erfragt und Notarzt sowie Rettungswagen zur Wohnung der Mutter nach Eller geschickt hatte, gab er ihr klare Anweisungen. Die 33-Jährige sollte ihr Kind mit dem Rücken auf einen Tisch legen, das Köpfchen leicht überstrecken, Nase sowie Mund des Babys mit ihrem Mund umschließen und fünf Mal vorsichtig Luft hineinblasen, bis sich der Brustkorb hebt. „Dann fragte ich die Mutter, ob das Baby wieder atmet. Das verneinte sie zwar, sagte aber auch, dass sich eine Hand des Babys bewegt und es wieder eine normale Gesichtsfarbe bekomme. Das war für mich ein sehr gutes Zeichen“. Als kurz darauf der Notarzt in der Wohnung der Düsseldorferin eintraf, atmete das Kind wieder selbstständig und Mutter und Feuerwehrmann konnten das rund zehn Minuten dauernde Telefonat beenden.

Der Rettungswagen transportierte den kleinen Patienten mit seiner Mutter in ein Krankenhaus, wo die beiden auch am Dienstag noch zu weiteren Untersuchungen blieben. Laut Feuerwehr-Pressesprecher Christopher Schuster besteht keine Lebensgefahr, von bleibenden gesundheitlichen Schäden ist nicht auszugehen. Schuster: „Die Mutter hat sich noch mal sehr beim Lebensretter ihres Babys bedankt.“

Auch der freut sich natürlich über den guten Ausgang: „Die Mutter hat meine Anweisungen sehr gut umgesetzt“, sagt Hubberten. Und er gibt zu, dass ein solcher Einsatz auch für einen Feuerwehrmann mit 20 Jahren Erfahrung eine besondere Stresssituation ist. „Ich bin ja auch Vater von zwei Kindern. Trotzdem sind wir in so einer Situation natürlich Profi.“ Erst einmal vor 15 Jahren musste er in einem Rettungswagen ein Kind reanimieren — erfolglos. Und Hubberten will sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn das Baby beim Atemstillstand nicht zufällig auf dem Schoß der Mutter gelegen hätte.

Telefoneinsätze zur Einleitung wiederbelebender Maßnahmen gehören zum Alltag der Arbeit auf der Feuerwehr-Leitstelle. Rund 120 Fälle sind es pro Jahr, meistens geht es um Erwachsene, ein guter Ausgang ist laut Pressesprecher Schuster leider nicht die Regel. Telefonreanimationen bei Kindern sind dagegen selten, einen guten Ausgang nahm eine solche zuletzt im Juli bei einer Zweijährigen (WZ berichtete).

Für eine generell höhere Erfolgsquote bei Telefonreanimationen sorgt seit 2014 ein festgelegtes Muster, nach dem die Einsätze ablaufen. „Wir haben so auch deutlich seltener mit gesundheitlichen Folgeschäden eines Herz-Kreislaufstillstandes zu tun“, sagt Schuster. Leitstellenführung, Mitarbeiter und ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes haben einen so genannten Algorithmus entwickelt. Jeder Disponent wird entsprechend geschult, zudem ist das Verhaltensmuster als Präsentation auf jedem Computer in der Leitstelle hinterlegt. „Falls Mitarbeiter sich in der Krisensituation nicht erinnern, können sie sich per Maus durch die einzelnen Schritte klicken.“

Inhaltlich legt der Algorithmus fest, dass die Leitstelle beruhigend auf die oft panischen Anrufer einwirkt, klare Fragen stellt, aber auch mal strenge Ansagen macht. „So ein Notruf ist oft von Panik und Desorientierung begleitet. Es kommt sogar vor, dass Anrufer wieder auflegen, bevor sie uns einen Namen oder eine Adresse genannt haben“, sagt Schuster. Um das zu vermeiden, laute die Ansprache der Feuerwehr: „Hören sie mir bitte einmal kurz zu. Nur wenn sie mir folgende Fragen beantworten, kann ich ihnen helfen.“

Der Leistellenmitarbeiter erkundigt sich dann nach Adresse und Namen und, ob Lebenszeichen zu sehen sind, vor allem, ob sich der Brustkorb bewegt. „Wir fordern die Anrufer aber nicht auf, den Puls zu fühlen, das schaffen viele in so einer Stresssituation nicht.“ Sind keine Lebenszeichen vorhanden, werden die Anrufer aufgefordert, den Lautsprecher des Telefons zu aktivieren und — wenn möglich — den Patienten auf einen festen Untergrund zu legen.

Der Notfall-Algorithmus unterscheidet dann zwischen Säuglingen (bis ein Jahr alt), Kindern von einem bis 14 Jahren und Erwachsenen. Der Grund: „Bei Kindern ist die Ursache für einen Herz-Kreislauf-Stillstand vor allem Sauerstoffmangel durch Verschlucken oder eine Erkrankung, da beginnen wir mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung.“ Bei Erwachsenen sei dagegen oft das Herz die Ursache, deshalb werde in diesen Fällen zuerst eine Herzdruckmassage angewiesen.