Vorstellung im Savoy-Theater Dittsche erklärt die Welt
Düsseldorf · Olli Dittrich unterhält das Publikum im ausverkauften Düsseldorfer Savoy-Theater zweieinhalb Stunden mit seinen absurden Späßen.
Ein Zuschauer kommt am Samstagabend tatsächlich im typischen Dittsche-Bademantel, sitzt in der ersten Reihe des Düsseldorfer Savoy-Theaters und produziert durch Herausziehen eines Fingers aus der Bierflasche ein Plopp. Dieses Geräusch, das die Fans von Olli Dittrich seit Jahren zu hören bekommen, wenn er sie im Fernsehen köstlich unterhält. Das Original steht drei Meter vor dem Double auf der Bühne. Ebenfalls im Bademantel über roter Jogginghose, die weißen Socken in den Plastikbadeschuhen, den Schumiletten mit dem besonderen Gripp, wie Dittsche sie nennt.
Der Hamburger Grill ist nicht nachgebaut auf der Bühne. Auch seinen Sidekick Ingo, den Wirt eben dieses Etablissements, hat Dittsche nicht dabei. Er macht sich aber in altbekannter Manier über die in dem Imbiss herrschenden hygienischen Bedingungen lustig. Doch heute kann sich Ingo nicht wehren. In einem gut zweieinhalbstündigen Monolog hangelt sich der vielleicht begabteste deutsche Comedian durch sein Repertoire absurder Späße. Und gibt dabei nur diese eine Kunstfigur, eben den Loser Dittsche. Dass er auch ganz andere Typen, parodierte und selbst entwickelte, großartig und hintersinniger spielen kann, wissen seine Fans. Aber an diesem Abend ist es eben nur der Mann im Bademantel mit seinem ganz speziellen Blick auf die Welt.
Klar geht es um all das, was Dittsche-Freunde aus dem Fernsehen kennen, insbesondere die kleinen und großen Unglücke, die ihm mit seinen Wohnungsnachbarn, Herrn und Frau Karger, passieren. Denen er immer wieder helfen will und sie doch nur mit seinen gutgemeinten „Weltideen“ von einem Unglück ins nächste stürzt. Eine solche Weltidee kann etwa der zum Bierbrauen verwendete Wäschetrockner sein, ein aus einer Regalstütze gebauter Bumerang oder der beheizte Teppich, der durch Energie aus dem Toaster versorgt wird. Dittrich beweint, und das ist gewiss auch ein bisschen ernst gemeint, den verstorbenen Franz Jarnach alias „Schildkröte“, der jahrelang mit in dem Hamburger Fernsehgrill saß und dabei kaum mehr als eine Art Möbelstück war. Und in jeder Sendung nur den immergleichen Satz zu sagen hatte, wenn Dittsche ihn ansprach: „Halt die Klappe, ich hab Feierabend.“
Als Olli Dittrich nach 90 Minuten das Publikum in die Pause entlässt, drängt sich der Gedanke auf: Dies ist mal ein Spaßmacher, der vollkommen darauf verzichtet, das politische Geschehen und dessen Protagonisten aufs Korn zu nehmen. Ist auch mal schön. Doch nach der Pause kommt er dann doch auf diese öffentlichen Figuren zu sprechen und hat einen bunten Strauß an Interpretationen, die deren Verhalten in der Öffentlichkeit auf ganz eigene Art, auf die Dittsche-Art halt, erklären. In gespielter Empörung geißelt er, wie es zu den Schwächeanfällen der Kanzlerin kommen konnte. Weil ihr niemand rechtzeitig ein Glas Wasser gegeben habe. Und er entwickelt auch hier eine seiner „Weltideen“, wonach das doch ohnehin kastenförmige Kanzlerinnenjäckchen so mit Wasserpolstern neu designt werden könnte, dass sich Angela Merkel jederzeit selbst mit Wasser versorgen könne. Für Treffen mit Erdogan und Putin sei in dieser„Muttifunktionsjacke“ dann auch noch Platz für Magenbitter.
Und dann kommt er auf die Schuhe der Kanzlerin zu sprechen, in denen offensichtlich Kautschuk verarbeitet sei. Eben diese Tatsache sei für einen Eklat verantwortlich, über den die Welt so viel gerätselt hat - nämlich, warum Donald Trump der Kanzlerin im Weißen Haus einst den Handschlag verweigert hatte. Dittsche kann das schlüssig erklären: Trump wusste über seine Geheimdienste, dass Merkels Schuhe mit der Kautschuk-Sohle beim Gang über die Teppiche im Weißen Haus „elektrostatistisch“ aufgeladen gewesen seien Und da habe Trump genau gewusst, „wenn ich ihr jetzt die Hand gebe, dann perlt diese statistische Aufladung auf mich über und meine Frisur sieht aus wie die von Rod Stewart.“ Origineller kann man den vieldiskutierten verweigerten Handschlag kaum erklären.
Die im Original schon bemerkenswerten Treffen Trumps mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un macht Dittsche mit seinen Hintergrunderklärungen noch origineller. Er beschreibt Kims Sonderzug, mit dem dieser zum Gipfeltreffen angereist war - mit Bällebad und Spielzeugraketen - und weiß natürlich auch, warum das letzte Vieraugengespräch zwischen dem „reinen Donald“ und seinem besten Freund Kimmi im Unfrieden geendet ist. Es sei um Trumps Frisur gegangen, über die dieser dem Nordkoreaner haarsträubende Lügen aufgetischt habe. Was diesen wiederum verstimmte, weil er sich „irgendwie verarscht“ vorgekommen sei. „Wenn der reine Donald den Leuten was vom Pferd erzählt und die glauben ihm das nicht, das kann er nicht haben.“ In dem Satz des Imbiss-Philosophen steckt dann wohl doch viel Wahrheit. Aber Wahrheit ist das Letzte, worauf es an diesem Abend im ausverkauften Savoy ankam. Es ging um Spaß, um Lachen. Und eben davon gab es eine Überdosis.