Düsseldorf Schaufensterkrankheit: Ein Mini-Fräser macht die Arterie frei
Bei der Schaufensterkrankheit sind die Schlagadern in den Beinen verengt oder verstopft. Das EVK therapiert das Volksleiden jetzt mit einer neuen Methode.
Düsseldorf. Werner Weber hatte ständig Schmerzen im Bein. Er humpelte, konnte kaum gehen. Der 71-jährige Düsseldorfer litt an einer Volkskrankheit mit kuriosem Namen: der Schaufenstererkrankung. „Es handelt sich um einen Arterienverschluss im Bein, der Name kommt daher, dass viele Betroffene versuchen, ihre Beschwerden zu kaschieren. Wenn sie auf der Straße stehenbleiben müssen, tun sie so, als ob sie nur ein Schaufenster ansehen wollten“, erklärt Dr. Sabine Gerth, die Leiterin des Gefäßzentrums am Evangelischen Krankenhaus (EVK). Hier wird diese Form der Arteriosklerose jetzt mit einem neuen Verfahren behandelt.
Bei der „Rotationsthrombektomie“ bohrt sich ein Mini-Fräser namens „Jetstream“ unter Röntgenkontrolle durch die verstopfte Arterie. „Man kann es sich vorstellen wie beim Schildvortrieb für die neue U-Bahn in Düsseldorf“, sagt Professor Thomas Lauenstein, der Chef der Radiologie. Er ist derjenige, der auch bei Werner Weber — nachdem bei dem zunächst die Beckenschlagader aufgedehnt und ein Stent gesetzt worden war, die Beschwerden aber nicht verschwanden — den Draht mit dem kleinen Bohrer an der Spitze in der Leiste eingeführt und dann zum Oberschenkel geführt hat: „So wird das Gefäß freigefräst und die Ablagerungen gleich abgesaugt, so dass sie sich nicht woanders wieder niederlassen“, sagt Lauenstein. Das EVK therapiert seit einem halben Jahr als erste Klinik in Düsseldorf mit dieser Methode die arterielle Verschlusskrankheit (ganz aktuell hat auch die Uni-Klinik das Verfahren eingeführt) und hat mittlerweile 20 Patienten erfolgreich so behandelt. Lauenstein: „Komplikationen gab es nicht. Das neue Verfahren ist schonender für den Patienten und verspricht eine dauerhafte Durchlässigkeit der Gefäße.“ Bislang wurden die Arterien auch im Bein per Ballon geweitet. „Alle Arterien freilich lassen sich nicht per Jetstream freiputzen, lange Verschlüsse über 15 Zentimeter und größere Gefäße erfordern nach wie vor eine Bypass-OP“, sagt Sabine Gerth.
Für die Behandlung mit dem Mini-Fräser ist keine Narkose erforderlich (eine lokale Betäubung in der Leiste genügt), sie dauert zwischen ein und drei Stunden, der Patient muss danach drei, vier Tage im Krankenhaus bleiben. Und: Die Kassen übernehmen die Kosten.
Die Schaufensterkrankheit ist weit weniger harmlos, als ihr Namen vielleicht suggeriert, warnt Sabine Gehrt, „denn nicht selten ist sie nur der Vorbote für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall“. Am EVK erfolgt schon die Diagnose interdisziplinär, von der Ultraschall- bis zur MRT-Untersuchung.
Werner Weber hat jetzt keine Schmerzen mehr im Bein. Der Rentner kann wieder richtig gut gehen (am liebsten auf Mallorca), hat auch dadurch zehn Kilo abgenommen. Vorbeugend muss er allerdings dauerhaft ASS zur Blutverdünnung einnehmen.