Weihnachten in Benrath Benraths berühmteste Fichte
Düsseldorf · Seit mehr als 40 Jahren lässt Ingrid Thiel ihre 15 Meter hohe Fichte im Garten ihres Hauses zur Weihnachtszeit mit hunderten Lämpchen schmücken. Der Baum soll ein Gruß an Freunde, Nachbarn und Passanten sein.
In der Meliesallee am Rande des Schlossparks leuchten in den Vorgärten Lichterketten und in den Fenstern Sterne, an eine Hauswand werden gar Schneeflocken projiziert. All das wird überragt von einer mehr als 15 Meter hohen Fichte, die in einem der Gärten steht und die den höchsten Bäumen des benachbarten Parks in nichts nach steht. In den Ästen hängen kleine Leuchten, die ein warmes Licht abgeben. Kaum ein Passant geht die Straßen entlang, ohne für einen Moment stehenzubleiben und diesen Baum zu betrachten. Und für viele Menschen aus der Nachbarschaft ist die Fichte Treffpunkt und Wahrzeichen ihrer Siedlung geworden.
Der Baum steht auf dem Grundstück von Ingrid Thiel. Jedes Jahr sorgt sie dafür, dass aus ihm ein echter Hingucker wird. Mit Hilfe eines Krans werden mehr als 500 Lichter im Geäst platziert. Vier Personen sind damit einen ganzen Tag beschäftigt. In früheren Jahren ist die Benratherin auch selbst in den Korb gestiegen. Jedes Jahr muss sie eine behördliche Genehmigung für die groß angelegte Schmück-Aktion einholen.
Bei der Organisation, der Arbeit und auch der Finanzierung wird Thiel immer von Freunden, Bekannten und Nachbarn unterstützt. „Ohne diese Hilfe würde der Baum nicht leuchten“, zeigt sich die Seniorin dankbar. Der Schmuck hängt in der Regel vom ersten Advent bis zum Dreikönigstag.
Früher stand die Fichte etwas vergessen in einer Gartenecke
Vor Corona gab es zum Schmücken des Baumes sogar eine kleine Party für die Nachbarn und Freunde. Die ist diesmal ausgefallen. Und in Anbetracht der aktuellen Lage hat Ingrid Thiel sogar überlegt, ob nicht auch der Schmuck in diesem Jahr wegfallen sollte: „Aber meine Tochter hat mir gesagt, dass die Menschen gerade jetzt ein solches Zeichen brauchen.“ Der Baum soll ein weihnachtlicher Gruß für alle sein. Aufgrund seiner Größe können auch Spaziergänger im Schlosspark und Fahrgäste der Bahnen, die entlang der Schlossallee fahren, seine Lichter sehen. Die meisten Lichter sind zur Straße hin angebracht – aus Thiels Garten heraus betrachtet wirkt der Baum dunkler.
1975 ist Ingrid Thiel mit ihrem Mann in die Meliesallee gezogen. Damals war das Paar etwas knapp bei Kasse, und so war Ingrid Thiel froh, als sie einen kleinen Weihnachtsbaum mit Ballen für nur 12,50 Mark erwerben konnte. Lange Zeit stand er etwas vergessen in einer Ecke des Gartens, und für die weihnachtliche Beleuchtung wurde eine Tanne geschmückt. Als diese jedoch krank wurde und gefällt werden musste, begann Thiel die Fichte zu schmücken, die sie, wie sie zugibt, bis dahin immer „etwas stiefmütterlich behandelt“ hatte. Die Seniorin beobachtet, dass sich der Baum prächtig entwickelt, seit er so viel Aufmerksamkeit bekommt. „Ich habe ,Das geheime Leben der Bäume’ gelesen, das hat meinen Blick auf die Pflanzen verändert“, sagt sie.
Die Wirkung, die der Baum auf die Menschen entfaltet, berührt die Benratherin immer wieder aufs Neue. „Auf der Straße haben sich die Menschen schon bei mir bedankt, und ich habe gehört, dass manche Benrather sich ,unter dem Baum’ als Treffpunkt verabreden. Das rührt mich zutiefst – und ich gehe davon aus, dass das ja nur ein Teil von dem ist, das der Baum bewirkt. Vieles bekomme ich wahrscheinlich gar nicht mit“, sagt Ingrid Thiel. Für sie ist der Aufwand, den sie sich Jahr um Jahr mit dem Baum macht, auch ein Dank an ihre Nachbarschaft. „Die Leute hier im Viertel helfen mir so oft im Alltag und sind so freundlich – solche Menschen im Leben zu haben ist ein großes Glück.“