Sledge-Eishockey: Urdenbacher träumt von Olympia

Vor sechs Jahren verlor der Handballer Christian Jaster ein Bein. Nun ist er Nationalspieler im Sledge-Eishockey.

Düsseldorf. Der entscheidende Anruf kam unverhofft. „Ich hatte schon damit gerechnet, dass es irgendwann mal passiert, aber weitaus später“, erinnert sich Christian Jaster an das Telefonat Anfang des Jahres, das sein Leben verändern sollte.

Am anderen Ende der Leitung war der Bundestrainer Andreas Pokorny. Und nur ein paar Minuten später gehörte Jaster bereits zur Nationalmannschaft im Sledge-Eishockey — der Eishockey-Variante für körperlich Behinderte.

Seitdem ist für den 28-Jährigen nichts mehr wie es war. Zwar hatte Jaster schon zuvor einen Großteil seiner Freizeit für das Sledge-Eishockey geopfert, „seit dem vergangenen Winter investiere ich aber jede freie Minute in meinen Sport“, sagt der Urdenbacher, der seit Freitag mal wieder unterwegs ist. In Turin.

Dort versucht sich die deutsche Nationalmannschaft ab Montag beim Qualifikationsturnier für die Winter-Paralympics im nächsten Jahr in Sotchi. Traditionell steigen die Spiele für Körperbehinderte unmittelbar nach den Olympischen Spielen am selben Ort.

Obwohl er erst seit ein paar Monaten zum Team gehört, ist die Reise nach Turin nicht der erste Auslandseinsatz für Jaster. Bereits im März, nur ein paar Wochen nach der ersten Einladung zum Auswahl-Lehrgang, war er mit dem Nationalteam bei der B-Weltmeisterschaft in Japan.

Und weil die Deutschen das Turnier gewannen und sich dadurch in die internationale Elite der Sportart zurückkämpften, geht der Urdenbacher nun optimistisch in das Qualifikationsturnier in Turin. „Wir haben gute Chancen, unter die ersten Drei zu kommen“, sagt Jaster, der die damit verbundene Teilnahme an den Olympischen Spielen als „meinen größten Traum“ bezeichnet.

Dass es bald wirklich so weit sein könnte,

dass der 28-Jährige zur Leistungsspitze der hiesigen Behindertensportler gehört, war vor ein paar Jahren noch undenkbar. Nachdem der seinerzeit begeisterte Handball-Spieler des VfL Benrath 2007 bei einem schweren Verkehrsunfall sein linkes Bein verlor, schien es vorbei zu sein mit der Sportkarriere. Rollstuhlbasketball war nicht sein Ding. So war es der Zufall, der Jaster zu seinem neuen Sport brachte. „Ich habe zufällig etwas im Internet gesehen und mich nach einem Verein umgeguckt, um mir das mal aus der Nähe anzugucken“, erinnert sich Jaster, der zwar nie Eishockey, aber mit Freunden früher häufiger Skaterhockey gespielt hatte. „Außerdem war ich schon immer ein großer DEG-Fan“, berichtet der Urdenbacher.

Weil es am Niederrhein aber bis heute keinen Verein gibt, rief er einfach mal beim TuS Wiehl aus dem Oberbergischen an. Kurz danach begleitete die Mannschaft zum Auswärtsspiel nach Bremen, zwei Tage später meldete er sich im Verein an.

Fünf Jahre ist das nun her. „Man braucht am Anfang schon eine Anlaufphase, um den Spielablauf zu verstehen, aber durch meine Erfahrung beim Handball hatte ich von Beginn an die nötige Härte“, sagt Jaster, der sich schnell als Verteidiger etablierte.

Seitdem dreht sich seine Freizeit nur noch um den Sport. Drei Mal pro Woche geht es zum Training, „an den anderen Tagen bin ich im Fitnessstudio oder gehe schwimmen“. Zwar kann er trotz seines Handicaps Autofahren, einen Verein in der Nähe zu haben, wäre aber dennoch komfortabler. Deswegen hat er auch immer Flyer der Sportart in der Tasche, wenn er durch Düsseldorf geht und jemanden im Rollstuhl sieht. Denn sein Traum, neben Olympia, ist eine eigene Mannschaft in Düsseldorf.

Mit den Eishallen an der Brehmstraße und in Benrath gäbe es die Infrastruktur, allerdings fehlt es noch an Mitspielern. „Ich kenne keinen anderen Düsseldorfer Spieler. Aber die Sportart ist bundesweit im Kommen, wir werden immer mehr“, sagt Jaster. Bislang gibt es zwar erst neun Mannschaften, die Tendenz ist aber steigend.

Doch das sei aus heutiger Sicht Zukunftsmusik. Nun gehe es erst mal darum, sich für Sotchi zu qualifizieren. An drei Trainingslagern hat Jaster in den vergangenen Wochen teilgenommen, war in Köln, Ilmenau (Thüringen) und Dresden. Nun ist er sich sicher: „Das Team ist gut drauf.“ Vielleicht wird sein olympischer Traum nächstes Jahr wirklich wahr.