Nachhaltiges Essen Slow Food: Wie die Idee einer essbaren Stadt in Düsseldorf entwickelt wird
Düsseldorf · Die Slow Food Youth will Ernährung nachhaltiger machen – etwa mit ihren Pflanzenkästen auf dem Fürstenplatz.
Mutter und Kind nähern sich den drei hüfthohen Holzkästen. Sie kommen vom Spielplatz – der Junge hat eine Gießkanne dabei. Und versorgt die frische Himbeerpflanze, die an der Seite des Kastens rankt mit einer Ladung Wasser. Dass diejenigen, die die Kästen aufgestellt haben, Mutter und Kind von der Bank aus beim Gießen beobachten, wissen die beiden nicht. „Das ist genau das, was wir uns erhofft hatten“, sagt Thomas Deckert.
Thomas Deckert (39) ist Teil der Slow Food Youth in Düsseldorf. Die Gruppe gehört zur Slow Food-Gemeinschaft, die es schon seit 1989 international und als Gegenentwurf zu Fast Food gibt. Die Düsseldorfer Gruppe gab es schon einmal vor etwa fünf Jahren. Als die Mitglieder – viele davon waren Studenten – sich in alle Welt verstreut haben, ist die Gruppe ein bisschen eingeschlafen. Nun wurde sie wiederbelebt, und eine ihrer ersten Aktionen war es, Ende April die Kästen am Fürstenplatz aufzustellen. Dort ist schon einiges Grün zu sehen. Möhren sollen hier wachsen. Zucchini, Kohl und Kürbis. Auch ein kleines Insekten- und Bienenhotel gibt es hier. Und Himbeeren – zum Naschen im Vorbeigehen. Denn an den Kästen kann und soll sich jeder bedienen. Und im Idealfall auch helfen, die Pflanzen zu pflegen.
Bei Slow Food geht es um nachhaltige und qualitativ hochwertige Lebensmittelherstellung, um Genuss und um das Vermeiden von Verschwendung. „Als Konsument hat man großen Einfluss auf die Produktionsbedingungen“, sagt Thomas Deckert. Doch viele nutzten diesen nicht. Das will die Gruppe ändern. Im Moment sind es etwa zehn Personen, zwischen Mitte 20 und Ende 30, die sich regelmäßig treffen – und alle versuchen, das, was sie über Essen, Herstellung und Verbrauch lernen, auch in andere Lebensbereiche zu tragen. Etwa die Kantine auf der Arbeit.
Auch Theresa Moormann ist bei der Düsseldorfer Slow Food Youth dabei. Die Studentin hat jahrelang in der Gastronomie gearbeitet und dabei viel Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickelt. „Mir wurde auch bewusst, was ich selbst beeinflussen kann, durch das, was ich esse“, sagt die 27-Jährige. Bei den gemeinsamen Treffen merke sie auch immer wieder, wie sehr Essen verbindet. Dort bringe jeder immer etwas zum probieren mit und jeder entdecke neue Dinge für sich.
Thomas Deckert pflichtet ihr bei. „Ich kaufe mittlerweile anders ein als vorher“, sagt er. Mehr auf rheinischen Bauernmärkten, wo es noch ganz alte Gemüsesorten gibt. „Die Vielfalt ist da viel größer, als im Supermarkt.“ Und das sei erhaltenswert.
Neben eigenen Treffen und Aktionen, wie auf dem Fürstenplatz, organisiert die Gruppe auch sogenannte Schnippeldiskos, wo Interessierte in lockerer Atmosphäre aus Lebensmitteln, die sonst wahrscheinlich weggeworfen worden wären, gemeinsam Essen zubereiten – und später auch zusammen essen. Außerdem setzen sie sich für eine essbare Stadt ein, versuchen, bei der Stadt zu erwirken, dass auf öffentlichen Flächen Platz für das Gärtnern geschaffen wird. Und auch mal Obstbäume gepflanzt werden, wenn irgendwo neue Bäume angelegt werden sollen.
„Wenn man am Gärtnern beteiligt ist, verändert das auch den Blickwinkel auf die Lebensmittel“, sagt Deckert. „Wenn man viel Arbeit damit hatte, will man auch so wenig wie möglich wegwerfen“, stimmt Theresa Moormann zu. Bei vielen Gemüsesorten seien zum Beispiel auch Blätter und Stängel essbar. Wie man die verwenden kann, das lernen die Mitglieder bei gemeinsamen Treffen oder Workshops, auch, wie man etwa Wachspapier zur Aufbewahrung selbst herstellen kann.
Vielleicht wollen sie auch, wenn die Pflanzkästen genügend Ernte abwerfen, ein Eat-in am Fürstenplatz organisieren. Mit offener Küche für alle, um mehr Menschen auf nachhaltige Lebensmittelproduktion aufmerksam zu machen. Wenn sich alle ein bisschen verantwortlich fühlen würden, wäre schon ein großer Schritt getan – nicht nur bei den Beeten am Fürstenplatz.