Gastkommentar Wie es ist, wenn man einmal dem entfernten Verwandten des Klapprades verfallen ist Stadtverkehr in Düsseldorf: Die Falträder sind die Antwort
Düsseldorf · Wie es ist, wenn man einmal dem entfernten Verwandten des Klapprades verfallen ist, beschreibt Stefan Jürging, Chef des Savoy Theaters, in seinem Gastbeitrag.
Es gibt normale Fahrräder. Und es gibt Falträder. Keine Klappräder, das war früher mal. Der Unterschied zwischen einem handelsüblichen Vélo und einem Faltrad ist enorm. Alltägliche Interaktion im öffentlichen Raum ist mit einem Faltrad stets kurzweilig. Man wird definitiv mehr angesprochen, als wenn man mit einem jungen Labrador oder einer hübschen und ebenfalls jungen Dame unterwegs wäre. Leider sind es dann eher Rentner, die sich für das eigentümliche Gefährt interessieren, wahrscheinlich haben jene Rentner einfach mehr Zeit und Ruhe, um auf Falträder aufmerksam zu werden. Vielleicht ist auch das klassische Kindchenschema schuld, denn besagte Falträder sind kleiner als herkömmliche Räder und damit auch vermeintlich „süßer“. Sie werden unterschätzt, aber das macht nichts. Sämtliche Fahrraddistanzen erschließen sich genau so selbstverständlich wie mit „richtigen“ Rädern.
Aber darüber hinaus! Einfach in den ICE gehüpft und ab nach Berlin. Keine Diskussionen mehr mit nervigen Hauptstadt-Taxifahrern. Nie mehr im Stau stehen, weil der Zubringer wegen der Demo oder des Grönemeyer-Konzertes gesperrt ist. Keine Sorgen, ob das geliebte Faltrad nach dem Museumsbesuch noch, sorgsam angeschlossen, vor der Tür steht, denn: man kann es an der Garderobe abgeben, gefaltet natürlich. Gleiches gilt für Schauspiel-oder Opernbesuch. Und, ja klar – belächelt wird man ebenfalls, als spleeniger Spinner abgetan.
Sollen sie doch. Ein guter Bekannter, der seit einigen Wochen stolzer Eigentümer eines schwarzen Faltrades englischer Machart ist, gab unlängst per SMS zu, er sei „faltradsüchtig“. Sein Auto, ebenfalls aus englischer Produktion, verkauft er jetzt. Der Dieselfilter sitzt zu, die Kupplung muss ebenso erneuert werden. Zudem steht das Gefährt nur noch in der Garage herum, denn: Wer benötigt schon in der Landeshauptstadt, deren Fahrwege selten mehr als 15 Minuten betragen, ein Auto? Im Büro steht das Faltrad direkt am oder unter dem Schreibtisch, ständig zu allen Transporten bereit. Und, ach ja, Transporte! Diese Fahrräder sind wahre Lastesel. Tasche vorn und Gepäckträger und Hängehaken hinten sorgen dafür, dass der Einkauf sicher nach Haus kommt. In besonderen Situationen kann auch noch ein Anhänger zum Einsatz kommen.
Überraschenderweise tut sich in Düsseldorf zur Zeit einiges in Sachen Radwege. Wer tagtäglich auf zwei Rädern strampelnd unterwegs ist, wird hier und da, sogar auf der Magistrale, zahlreiche neue Fahrradspuren entdecken. Und Faltrad hin oder her – jede Fahrt auf zwei Rädern verbrennt Fett, aber kein Erdöl. Unabhängig vom weiteren Fortgang der Weltgeschichte gibt es einen Sieg zu feiern, der an Nachhaltigkeit praktisch nicht zu übertreffen ist: die Königsallee gibt ihre Parkplätze her und wandelt diese in einen Radweg um! Wer hätte das gedacht. Nie mehr Streit mit den Fußgängern um die geteerte Spur auf der Baumseite. So kann es weitergehen. „Rund um die Kö“ wird umweltfreundlich, bestimmt auch mit dem Faltrad.
Stefan Jürging ist der Geschäftsführer des Savoy Theaters.