Stadtbild in Düsseldorf Verzweiflung über Drogenszene
Stadtmitte · Der Eingang des Hotels Friends an der Worringer Straße ist für Junkies ein Anziehungspunkt geworden. Die Nachbarn sind entsetzt.
Der Worringer Platz gilt seit einer gefühlten Ewigkeit als Anziehungspunkt für Drogensüchtige. „Was sich hier aber seit November abspielt, sprengt jegliche Dimensionen“, sagt Roberto Tomasella, der an der Worringer Straße 97 ein Eiscafé betreibt. So werde der Eingangsbereich des während des Lockdowns geschlossenen Hotels Friends als Ersatz-Drogenraum missbraucht. Der Bereich sei trocken und biete Drogenabhängigen die Gelegenheit, sich dort auch in Gemeinschaft ihre Drogen zuzubereiten und zu konsumieren. Dealen sei ebenfalls keine Seltenheit, sagt Tomasella, der vor allem eines nicht akzeptieren kann: „Ihre menschlichen Bedürfnisse verrichten sie in den von uns immer sehr gepflegten Grünabschnitten oder direkt auf der Terrasse meines Eiscafés.“
Gebrauchte Spritzen und Müll vor dem Eingang
Der Eingangsbereich des Hotels sei meist blutverschmiert, sämtlicher Unrat, Silberfolien, gebrauchte Spritzen und Bestecke, würde sich dort ansammeln. „Der Gestank ist mittlerweile für die Nachbarschaft unerträglich. Wir halten den Zustand nicht mehr aus“, sagt der Italiener. Die Situation sei im höchsten Maße geschäftsschädigend für ihn wie auch für das zahntechnische Labor nebenan.
Dem Eigentümer des Hotels sei seitens der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Worringer Platz angeboten worden, den Eingang auf Kosten des Vereins zu sperren. Das sei abgelehnt worden. Stadt und Polizei könnten mit dem Verweis, es handele sich um Privatbesitz, nicht weiterhelfen. Das Drogen-Hilfezentrum, das über Konsumräume verfügt, sei vollkommen überlastet. „Das schlechte Umfeld hat dazu geführt, dass viele alteingesessene Geschäfte verdrängt und zur Aufgabe gezwungen wurden“, sagt Roberto Tomasella. Er zähle zu den letzten Überlebenden.
Von der Stadt heißt es, dass das Ordnungsamt rund um den Worringer Platz regelmäßig Kontrollen durchführe. Wobei nicht der Konsum von Drogen der Anlass sei, sondern mögliche mit dem Betäubungsmittelkonsum in Verbindung stehende Ordnungsstörungen.
Denn: „Nicht nur der Handel, sondern auch der Konsum von Betäubungsmitteln ist strafrelevant, fällt als Straftat aber in die Zuständigkeit der Polizei, die allein diesbezüglich Kontrollen vornehmen kann“, betont ein Stadtsprecher.
Der Eingang am Hotel Friends sei zudem in der Tat eine Privatfläche, daher habe das Ordnungsamt dort keine Befugnis, Maßnahmen wie etwa Platzverweise, vorzunehmen. Ansprachen der Betroffenen seien dagegen zulässig und würden zusätzlich auch von Streetworkern durchgeführt. Ungeachtet dessen könne der Betreiber des Hotels den Zugang beispielsweise durch Toranlagen für unbefugte Dritte unzugänglich machen.
Die Polizei würde zwar selbstverständlich nicht wegschauen, „aber dadurch, dass der Bereich im und rund um den Hauptbahnhof verstärkt kontrolliert wird, verlagert sich das Geschehen in die Peripherie, suchen sich diese Menschen ihre Nischen, wie eben zurzeit in Eingängen geschlossener Hotels“, sagt ein Sprecher. Werde die Polizei gerufen, komme sie natürlich, „doch wenn wir diese Leute vertreiben, sind sie zehn Minuten später wieder da“.
Ohnehin habe die Suche nach Dealern Priorität, dafür würden solche bekannten Orte auch observiert. „Wir wollen vor allem an die dicken Fische kommen, die mit dem Elend andere Menschen Geld verdienen, nicht an die schwächsten Glieder der Kette“, erklärt der Polizeisprecher. Nichtsdestotrotz sollten Bürger sich nicht scheuen, zum Telefon zu greifen, „wer dabei erwischt wird, Drogen zu konsumieren, der muss auch mit einer Anzeige rechnen.“
Michael Harbaum, geschäftsführender Vorstand der Drogenhilfe, die an der Erkrather Straße 18 ihr Domizil hat, zeigt Verständnis dafür, dass Anwohner die Zustände als gravierende Belästigung ansehen, „aber Menschen in Not suchen sich nun mal Rückzugsmöglichkeiten, die sich nach Möglichkeit einer sozialen Kontrolle entziehen“. Seit langem kritisiere er, dass es an solchen Orten in Düsseldorf mangele, dass diese im Umfeld des Hauptbahnhofs auch immer weniger würden. „Vieles wurde zugemacht wie der Immermannhof oder das Postgebäude. Aktionismus ist nicht hilfreich; wer diese Menschen bei der Innenstadtplanung komplett vergisst, darf sich später nicht beschweren.“
Erstaunlich gelassen kommentiert Hotelbetreiber Haakon Herbst die Situation: „Dass der Worringer Platz und sein Umfeld ein Drogenzentrum sind, ist Fakt. Das war auch schon so, als wir vor 16 Jahren hier eröffnet haben. Da lagen die Süchtigen in der Einfahrt; meine Frau hat abends mit ihnen gesprochen, und sie haben zu einem Großteil ihren Platz wieder sauber verlassen“, sagt der Geschäftsführer. Dass sich diese Menschen nun, wo er sein Hotel im Lockdown schließen musste, einen trockenen, bei Minus zehn Grad etwas geschützten Rückzugsort, eine Art Behausung, suchen würden, sei nur normal. „Ich verstehe natürlich die Nachbarn, aber wenn ich hier alles dicht mache, gehen sie 150 Meter weiter und wir haben das Problem nur verlagert“, sagt Herbst.
Ihm gefalle die Politik generell nicht, „wir brauchen ein gemeinschaftliches Gesamtkonzept, das perspektivisch Lösungen aufzeigt“. Außerdem könne er nicht einfach alles verbarrikadieren, „das ist auch ein Fluchtweg“, so Hotelbetreiber Haakon Herbst.