Schulserie Talentschmiede Brehm-Schule: Mehr als nur Unterricht

Düsseldorf. · In unserer Serie stellen wir die Schulen der Stadt vor. Unsere Autoren besuchen die Einrichtungen an einem normalen Schultag und berichten davon. Am Ende des Jahres wählt eine Jury die Träger des Schulpreises, den WZ und Stadtwerke vergeben. Dieses Mal: die Brehm-Schule in Düsseltal.

Gemeinsames Tanzen für Jungen und Mädchen ist Programm in der Brehmschule – und macht offenbar Spaß.

Foto: Zanin, Melanie (MZ)

Von Ines Arnold

Jonte holt tief Luft. Dass die Jungs offenbar nicht so hoch springen können wie die Mädchen, das lässt der Zweitklässler nicht auf sich sitzen. Er nimmt Anlauf, springt ab und landet in einer besonders coolen Pose vor der Bühne der kleinen Aula. Tanja Berg grinst. Sie weiß, wie schnell sie den Ehrgeiz der Jungen weckt.

Die Gruppe der Zweitklässler, die bei Tanzlehrerin Tanja Berg heute trainiert, ist mit Begeisterung bei der Sache. Ohne Hemmungen dehnen und beugen sie ihre Körper in die verschiedensten Posen, wirbeln durch den Raum, zeigen sich mal mutig, mal cool, mal fröhlich, wütend oder ganz kleinlaut. Gefühle sind das Thema, das die Zweitklässler nicht nur in der Tanz-AG beschäftigt. Auch in der Kunstwerkstatt haben sich die Schüler eingehend mit ihnen auseinandergesetzt – entstanden sind Figuren aus Pappe, in deren Gesichtern sich eindeutig die Emotionen ablesen lassen.

Die evangelische Brehm-Schule ist mit 430 Schülern eine der größten Grundschulen in Düsseldorf. Sie ist eine Offene Ganztagsschule. Von den insgesamt 16 Klassen werden zwölf nach dem Ganztagsklassen-Modell unterrichtet. In diesen Klassen wird eine Rhythmisierung des Tages vorgenommen, indem sich Unterricht, Bildungsangebote und pädagogische Betreuung auf den Vor- und Nachmittag verteilen. „Das hat den Vorteil, dass sich die Schüler nach einer Stunde Mathe am Morgen, dann beim Tanz entspannen können, bevor es am Mittag dann mit Deutsch weitergeht. Das Ganze entzerrt sich für das Kind“, sagt Tanja Berg, als Tänzerin eine der Kooperationspartnerinnen der Schule. Feste Teams bestehend aus Lehrkräften, pädagogischen Mitarbeitern, einer Schulsozialarbeiterin und Kooperationspartnern aus den Bereichen Bewegung, Bildende Kunst, Naturwissenschaften, Medien und Darstellende Kunst kooperieren miteinander und begleiten die Kinder durch den Tag.

Zusätzlich gibt es für alle Kinder der Schule Offene Angebote und Arbeitsgemeinschaften in der unterrichtsfreien Zeit, die sie nach Lust und Laune besuchen können – ob im Schulgarten, in der Holz- oder Kunstwerkstatt, Turnhalle oder in der Aula beim Tanzen. „Die Kinder entscheiden selbst, ob sie lieber tanzen oder sich in den Gruppenraum zurückziehen und sich erholen wollen“, sagt Schulleiterin Andrea Knopper. Sie ist seit eineinhalb Jahren an der Schule und hat bereits ihre eigene Note in den Schulbetrieb gebracht. „Es musste erst einmal in den Tagesablauf Ruhe gebracht und eine neue Kommunikationsstruktur aufgebaut werden“, sagt sie.

Langfristig sei ihr Ziel, komplett auf Ganztag umzustellen. Immer mehr Eltern wünschen sich einen Ganztagsplatz für ihr Kind. Im kommenden Schuljahr wird es deshalb eine weitere Ganztagsklasse und damit dann 13 von insgesamt 16 Klassen an der Brehm-Schule geben.

Die Schule wurde 1899 an der Brehmstraße gegründet. Ihr Namensgeber ist der Zoologe Alfred Edmund Brehm. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie zerstört und 1960 in einem Neubau an der Karl-Müller-Straße wiedereröffnet. Dort startete sie zunächst als klassische Volksschule, wurde im Zuge der Bildungsreform jedoch zur Grundschule.

2000 wurde das Schulgebäude erweitert, 2009 noch einmal angebaut. Jeweils zwei Klassenräume und ein OGS-Gruppenraum verteilen sich heute auf mehrere kleine pavillonartige Häuschen. „Das hat Dorfcharakter“, sagt Andrea Knopper. Und sie hat schon das nächste Ziel vor Augen: „Es wäre toll, wenn wir an jedem dieser Häuschen ein grünes Klassenzimmer verwirklichen könnten“, sagt sie und deutet auf die Wiesenflächen, die an jedes der Häuschen grenzen.

Erst einmal muss sich die Schulleiterin aber mit einem Thema beschäftigen, das ihr schon seit längerem Kopfschmerzen bereitet. Das Thema Mensabau. Bis Herbst 2017 aßen die Kinder der Schule in ihren jeweiligen Klassenräumen. Bis das Gesundheitsamt aus hygienischen Gründen anordnete, nur noch in zwei Häusern essen zu dürfen, die an die Küche grenzen.

Seitdem essen die rund 400 Kinder in drei Schichten, die Essensausgabe muss minutiös geplant werden, damit der Ablauf funktioniert. „Das ist täglich eine Herausforderung und ein enormer organisatorischer Aufwand“, sagt die Schulleiterin. Der Bauantrag für die Mensa sei gestellt. „Wir hoffen, dass sie 2021 steht.“

Weil für den Mensabau aber dann auch der Schulhof kleiner wird, laufen schon die Planungen, wie das Gelände an anderer Stelle an Größe gewinnen kann. „Wir verstehen die Schule nicht nur als Lern-, sondern auch als Lebensraum“, sagt sie. „Es ist wichtig, dass die Schüler sich wohl fühlen und auch die Pausen genießen können.“

Demnächst wird ein Teil des Schulhofs von den Kindern farblich neu gestaltet, zuletzt wurde der Zaun von den Schülern mit den Klassentieren verziert – in der Kunstwerkstatt wurden die Tiere entworfen und gezeichnet, in der Holzwerkstatt dann gestaltet.

Wann immer Lehrern und Kindern nach noch mehr Bewegungsfreiheit ist, können sie in den angrenzenden Hanielpark ausweichen. „Wenn es im Sommer in der Halle zu warm wird, gehen wir in den Park tanzen“, sagt Tanzlehrerin Tanja Berg. Heute ist auch Monika Djajadisastra mit einigen Schülern dort. Mit einem Band möchte die Naturkundlerin den Kindern verdeutlichen, welches Ausmaß der dickste Baumstamm der Welt in Mexiko hat – satte 46 Meter Stammumfang.

Besondere Begabtenförderung gibt es in den Bereichen Tanz, Kunst und Naturwissenschaften. „Im zweiten Jahrgang machen wir eine Talentsichtung: Welche Schüler fallen uns auf, welche sollten besonders gefördert werden?“, erläutert Wiebke Vogt. In kleineren Gruppen haben die Pädagogen dann ganz andere Möglichkeiten, die Talente weiter herauszukitzeln. Die Teilnahme ist freiwillig.

Und natürlich werde jeder Schritt mit den Eltern und auch im Kollegium besprochen. „Es fällt immer wieder auf, dass Kinder sich in den Angeboten außerhalb des Unterrichts ganz anders zeigen als im Klassenraum. Es zeigt ganz andere Fähigkeiten, die sonst gar nicht zum Tragen kommen“, so Wiebke Vogt. Tänzerin Tanja Berg ergänzt: „Schüler, die im Unterricht total verschlossen sind, öffnen sich bei mir und zeigen eine ganz andere Seite von sich.“

Die mitreißende Art der Tänzerin hat auch Jonte angesteckt. Der Zweitklässler lässt keinen Zweifel aufkommen, dass er sich in der Gegenwart der Tänzerin pudelwohl fühlt. Zum Abschluss gibt es heute den „Cool-Tanz“, bei dem sich die Schüler besonders lässig zeigen sollen.

„Was ist cool überhaupt?“, fragt Berg in die Runde. „Das kommt aus dem Inneren“, sagt Jonte wie aus der Pistole geschossen. Und zeigt auch gleich, wie sehr er diese Emotion bereits verinnerlicht hat.

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